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Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist seit November 2022 von der Bundesregierung mit dem Monitoring der Umsetzung der Istanbul-Konvention des Europarates in Deutschland betraut. Hierfür hat es die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt eingerichtet. Finanziert wird die unabhängige Einrichtung im Rahmen eines Projekts vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Ein interdisziplinär besetzter Beirat begleitet die Arbeit der Berichterstattungsstelle.

Die Kernaufgabe der Berichterstattungsstelle ist ein menschenrechtsbasiertes Monitoring geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland, um Umfang und Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt und den Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention bewerten zu können. Sie beobachtet ferner die Gesetzgebung und Rechtsprechung und fördert den öffentlichen Diskurs zu diesem Thema. Die Istanbul-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarats, der umfassende Maßnahmen vorsieht, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten und zu bekämpfen. Deutschland hat die Konvention 2017 ratifiziert. Sie gilt im Rang eines Bundesgesetzes. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat ein Gesamtkonzept und ein Leitbild erarbeitet, das festlegt, wie die Berichterstattungsstelle arbeitet und ausgestaltet ist.

Die Berichterstattungsstelle trägt dazu bei, eine breite und belastbare Datengrundlage zu geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland zu schaffen. Die Daten sollen einerseits Trends und Entwicklungen sichtbar machen, anderseits dienen sie dazu, Politik evidenzbasiert zu gestalten.

Zum ersten Bericht über die Datenlage zu geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland

Die Berichterstattungsstelle beobachtet die innerstaatliche Umsetzung der Istanbul-Konvention und definiert, welche Maßnahmen nötig sind, um geschlechtsspezifische Gewalt zu verhüten und zu bekämpfen sowie den Schutz für Betroffene sicherzustellen. Sie unterstützt die Bundesregierung, wenn diese dazu Berichte auf nationaler und internationaler Ebene verfasst. Sie formuliert Empfehlungen an Politik und Verwaltung, damit diese Maßnahmen und Programme gegen geschlechtsspezifische Gewalt effektiv gestalten und die menschenrechtliche Situation der Betroffenen verbessern. Die Berichterstattungsstelle informiert und sensibilisiert neben Politik und Verwaltung auch die Zivilgesellschaft und fördert so den öffentlichen Diskurs zum Thema.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte engagiert sich seit langem für die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt, unter anderem mit Beiträgen im letzten Menschenrechtsbericht. Es hat bis jetzt zahlreiche Publikationen zum Umsetzungsprozess der Istanbul-Konvention in Deutschland erarbeitet.

Sie möchten mehr über die Berichterstattungsstelle erfahren? Unser FAQ zur Berichterstattungsstelle beantwortet alles, was Sie schon immer wissen wollten.

Meldungen und Pressemitteilungen

Aktuelles

Unsere Aufgaben: Gewalt verhindern, Schutz stärken

Geschlechtsspezifische Gewalt ist eine schwere Menschenrechtsverletzung. Um Betroffene besser zu schützen, hat die Bundesregierung das Deutsche Institut für Menschenrechte damit betraut, die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt einzurichten. Die unabhängige Stelle beobachtet und bewertet die Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland – das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.

Gewalt sichtbar machen

Die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt macht den Umfang und das Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt und häuslicher Gewalt sichtbar. Sie berichtet regelmäßig und aus aktuellen Anlässen über das Thema, stärkt das Bewusstsein in der Öffentlichkeit und fördert politische Debatten. Dies trägt dazu bei, den Schutz für Betroffene von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zu verbessern.

Datengrundlage schaffen

Die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt erfasst und wertet Daten auf Bundes- und Landesebene aus. Sie führt ein menschenrechtsbasiertes und Indikatoren gestütztes Monitoring durch, um Trends zu analysieren und einzuordnen. Die Ergebnisse veröffentlicht sie im Rahmen periodischer Berichte. Sie unterstützt Politik, Verwaltung sowie Zivilgesellschaft mit Analysen und Handlungsempfehlungen und trägt so zu einer evidenzbasierten und effektiven Politik gegen geschlechtsspezifische Gewalt bei.

Beraten und Empfehlungen

Die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt berät Entscheidungsträger*innen in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Sie erstellt Studien und praxisnahe Leitfäden und begleitet politische und gesetzgeberische Prozesse wissenschaftlich und unabhängig. Alle zwei Jahre legt sie einen Periodischen Bericht zu Umfang und Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt und zum Umsetzungsstand der Istanbul-Konvention in Deutschland vor. Zudem erarbeitet sie Berichte zu Jahresthemen wie Sorge- und Umgangsrecht oder Zugang zu Schutz und Beratung. Mit diesen Berichten identifiziert sie Schutzlücken, bewertet staatliche Maßnahmen und spricht Empfehlungen aus.

Rechtsprechung beobachten

Die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt beobachtet und bewertet die Gesetzeslage sowie die Rechtsprechung in der Praxis mit Blick auf menschenrechtliche Vorgaben, insbesondere der Istanbul-Konvention. Sie stellt Entscheidungen nationaler, europäischer und internationaler Gerichte und unabhängiger Menschenrechtsgremien sowie relevante völker- und europarechtliche Dokumente in die öffentlich zugängige Rechtsprechungsdatenbank „ius gender & gewalt“ ein. Die Periodischen Berichte geben einen Überblick über die wichtigsten Gesetzgebungs- oder Reformprozesse.

Zur Rechtsprechungsdatenbank „ius gender & gewalt“

Unsere Jahresthemen

Um politische Debatten und den öffentlichen Diskurs zu fördern, befasst sich die Berichterstattungsstelle unter anderem jährlich vertiefend mit einem von GREVIO hervorgehobenen Fachthema sowie mit einer in Politik, Zivilgesellschaft oder Wissenschaft diskutierten Fragestellung. Sie generiert datengestützte Erkenntnisse und gibt hierzu Impulse.

Jahresthema 2023: Sorge- und Umgangsrecht

© Celina Löschau / NbF e.V. / IAPh e.V. / CC BY-NC 4.0

Häusliche Gewalt wird im Umgangs- und Sorgerecht nicht ausreichend berücksichtigt – mit gefährlichen Konsequenzen für gewaltbetroffene Frauen und Kinder. Die Bundesregierung will entsprechend dem aktuellen Koalitionsvertrag Artikel 31 der Istanbul-Konvention umsetzen. Danach muss bei Verfahren, bei denen es um den Umgang des Kindes geht, häusliche Gewalt zwingend berücksichtigt werden. Die Berichterstattungsstelle untersucht Lücken und Hürden im Sorge- und Umgangsrecht und empfiehlt, wie die Schutzinteressen des gewaltbetroffenen Elternteils im Umgangs- und Sorgerecht verankert werden können. Außerdem soll es verbindliche Aus- und Fortbildungen für alle am Verfahren beteiligte Fachkräfte geben.

Zur Stellungnahme „Modernisierung von Sorgerecht, Umgangsrecht und Adoptionsrecht“

Zur Analyse „Häusliche Gewalt im Umgangs- und Sorgerecht“

Zum Im Fokus: „Gewalt an Frauen ist keine Privatsache“

Meldung (07.03.2024): Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt legt Stellungnahme zur Reform des Kindschaftsrechts vor

Pressemitteilung (24.11.2023): Analyse zu häuslicher Gewalt: Lücken im Umgangs- und Sorgerecht - Rechtsreformen dringend nötig

Jahresthema 2024: Schutz- und Unterstützungssystem

© iStock.com/lorenzoantonucci

Das Schutz- und Unterstützungssystem für von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffene Frauen ist lückenhaft. So gibt es etwa große Unterschiede hinsichtlich Quantität und Qualität der Hilfsangebote. Ein spezialisiertes Hilfesystem, das finanziell abgesichert ist, ist eine menschenrechtliche Verpflichtung aus der Istanbul-Konvention. Die Berichterstattungsstelle setzt sich für einen bundesgesetzlichen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung von gewaltbetroffenen Frauen und die einzelfallunabhängige Finanzierung des Schutzsystems ein. Ziel ist es, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, eine verlässliche, flächendeckende und bedarfsgerechte Finanzierung des Schutz- und Hilfesystems zu gewährleisten. Unterstützt wird dies durch das Monitoring relevanter Daten.

Zum Im Fokus: Next Level? – Die Istanbul-Konvention in Deutschland

Pressemitteilung (27.05.2024): Flächendeckende und kostenfreie Akutversorgung für Betroffene sexualisierter Gewalt schaffen

Pressemitteilung (08.05.2024): Ein Meilenstein: EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt

Pressemitteilung (31.01.2024): Ausbau des Schutz- und Unterstützungssystems für Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt dringend notwendig

Unsere Arbeit: Für einen besseren Schutz für Betroffene

Die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt sammelt und analysiert Daten, um Trends und Entwicklungen im Bereich geschlechtsspezifischer Gewalt aufzuzeigen. Sie unterstützt Entscheidungsträger*innen in Politik und Verwaltung auf Bundes- und Landesebene. Sie tauscht sich intensiv mit Verbänden und Beratungsstellen aus und gibt Empfehlungen an staatliche wie nicht-staatliche Akteure für einen besseren Schutz der Betroffenen. Bis 2026 werden zwei Periodische Berichte zu Umfang und Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt und zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland veröffentlicht. Dafür erhebt die Berichterstattungsstelle Daten auf Bundes- und Landesebene sowie aus der Zivilgesellschaft, führt diese in der neuen Datenbank Indikatoren gestütztes Monitoring (DiM) zusammen und analysiert Entwicklungen.

Jedes Jahr wird zudem ein Fachthema gewählt, um das Bewusstsein für geschlechtsspezifische Gewalt zu schärfen und den fachlichen Diskurs in Politik und Gesellschaft anzustoßen. Das Jahresthema für 2024 ist der Zugang zu Schutz und Beratung. In 2023 war das Jahresthema Gewaltschutz im Umgangs- und Sorgerecht.

Periodischer Bericht

Alle zwei Jahre erscheint der sogenannte Periodische Bericht (2024 und 2026) zu Umfang und Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt sowie zum Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland. Die Bundesregierung kann diese Berichte für ihre Berichtspflichten vor UN-Gremien und Europarat nutzen und sie Verbänden, Wissenschaft und Medien als systematisierte und praxistaugliche Informationen zur Verfügung stellen. Basis der Berichte sind zusammengeführte Daten, die die Berichterstattungsstelle sammelt und auswertet. Zudem werden Gesetzeslage und Rechtsprechung zu geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt menschenrechtlich bewertet. Mit dem „Bericht über die Datenlage zu geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Deutschland“ liefert die Berichterstattungsstelle erstmals einen umfassenden Überblick über Potenziale und Herausforderungen für ein menschenrechtsbasiertes auf Indikatoren gestütztes Monitoring zu geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt in Deutschland.

Zum Bericht über die Datenlage zu geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Deutschland

Eine Person sitzt am Schreibtisch, hält einen Stift und schaut auf ein Blatt Papier mit einem Kurvendiagramm. Davor steht ein Laptop auf dem ein Säulendiagramm zu sehen ist.
© iStock.com/fotostorm

Praxisbezogene Analysen und Handlungsempfehlungen

Die Berichterstattungsstelle veröffentlicht regelmäßig praxisbezogene Analysen und Handlungsempfehlungen. Dafür sammelt sie Daten in Bund und Ländern sowie bei der Zivilgesellschaft, wertet sie aus und entwickelt konkrete Vorschläge, wie die Istanbul-Konvention und weitere menschenrechtliche Vorgaben besser durch Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft umgesetzt werden können. Bisherige Veröffentlichungen:

Ein Aktenordner liegt auf einem Holztisch. Geschäftspapiere mit Grafiken liegen auf dem Ordner drauf, ein blauer Textmarker liegt ebenfalls auf dem Tisch.
© iStock.com/designer491

Ausgewählte Einträge

FAQ zur Berichterstattungsstelle

Warum wurde die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt eingerichtet?

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist als die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands gesetzlich beauftragt, über die Lage der Menschenrechte im Inland zu berichten (§ 2 Abs. 1 DIMRG). Geschlechtsspezifische Gewalt ist als Menschenrechtsverletzung anerkannt. Zur Bekämpfung haben die im Europarat zusammengeschlossenen Staaten ein Übereinkommen, die sog. Istanbul-Konvention, geschaffen.

Deutschland hat diesen völkerrechtlichen Vertrag 2017 ratifiziert. Mit dem Inkrafttreten am 1. Februar 2018 ist die Konvention geltendes Recht in Deutschland. Die Konvention gibt unter anderem vor (Artikel 10 Abs. 1), eine Stelle einzurichten, die die Umsetzung der Istanbul-Konvention beobachtet und bewertet, staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt misst und regelmäßig ihre Ergebnisse verbreitet. Zu diesem Zweck hat die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt am 1. November 2022 ihre Arbeit aufgenommen.

Was sind die Aufgaben der Berichterstattungsstelle?

Die Kernaufgabe der Berichterstattungsstelle ist ein menschenrechtsbasiertes Monitoring geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland, um den Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention beobachten und bewerten zu können. Dafür schafft sie eine systematisierte Datengrundlage, anhand derer sie Trends und Entwicklungen geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland sichtbar macht und evidenzbasierte Empfehlungen an die Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft ausspricht. Sie beobachtet ferner die Gesetzgebung und Rechtsprechung und fördert den öffentlichen Diskurs zu diesem Thema.

Wie sieht die Arbeit der Berichterstattungsstelle konkret aus?

Die Berichterstattungsstelle erstellt Berichte, Analysen und Stellungnahmen zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt in Deutschland. Unter anderem veröffentlicht sie alle zwei Jahre einen sogenannten Periodischen Bericht, der Umfang und Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland sowie den Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland darlegt.

Für ihre Berichte, Analysen und Stellungnahmen beobachtet und bewertet die Berichterstattungsstelle legislative, administrative und politische Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene und arbeitet eng mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, internationalen Gremien, staatlichen Stellen, Fachverbänden und Wissenschaftler*innen zusammen.

Zudem stellt sie Justiz, Anwaltschaft, Verwaltung und Beratungsstellen die kostenfreie Rechtsprechungsdatenbank ius gender & gewalt bereit, die Entscheidungen nationaler, europäischer und internationaler Gerichte sowie von Menschenrechtsgremien im Themenfeld geschlechtsspezifischer Gewalt enthält.

Weiterhin fördert die Berichterstattungsstelle politische Debatten und den öffentlichen Diskurs. Dafür befasst sie sich unter anderem jährlich vertiefend mit einem von GREVIO hervorgehobenen Fachthema sowie mit einer in Politik, Zivilgesellschaft oder Wissenschaft diskutierten Fragestellung und gibt hierzu Impulse.

  • Zur Rechtsprechungsdatenbank ius gender & gewalt

Wie arbeitet die Berichterstattungsstelle beim datenbasierten Monitoring?

Die Berichterstattungsstelle arbeitet mit einem interdisziplinären Team aus Rechts- und Sozialwissenschaftler*innen sowie Datenanalysten. Im Fokus steht ein datenbasiertes Monitoring anhand von Menschenrechtsindikatoren. Hierzu führt die Berichterstattungsstelle in regelmäßigen Abständen eine Datenerhebung bei 16 Bundesländer durch. Sie fragt ferner Daten bei staatlichen Akteuren auf Bundesebene und zivilgesellschaftlichen Dachverbänden ab. Für das Monitoring hat das Institut für Menschenrechte eine eigene Datenbank errichtet. Durch die systematische Zusammenführung und intersektionale Auswertung von Daten gewinnt sie Aufschluss über die Umsetzung der Istanbul-Konvention sowie Form und Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland. Daneben wird mittels eines juristischen Monitorings die Gesetzgebung und Rechtsprechung im Bereich geschlechtsspezifische Gewalt analysiert und anhand von juristischen Indikatoren bewertet. Das Ergebnis des Monitorings wird alle zwei Jahre im Rahmen des Periodischen Berichts veröffentlicht.

Mit wem arbeitet die Berichterstattungsstelle zusammen?

Die Berichterstattungsstelle arbeitet mit verschiedenen Akteuren zusammen, um die Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland zu beobachten und zu bewerten.

Dazu gehören die Ministerien in Bund und Ländern, die für die Bereitstellung von Schutz- und Unterstützungsangeboten für Betroffene von geschlechtsspezifischer Gewalt zuständig sind. Zudem arbeitet sie mit den Dachverbänden von Fachberatungsstellen und Frauenhäusern zusammen.

Polizei, Justiz, Gesundheitsversorgung und Statistische Landesämter, die über Daten und Informationen zu geschlechtsspezifischer Gewalt verfügen, sind ebenfalls Ansprechpartner*innen.

Internationale Gremien, die die Einhaltung der Menschenrechtsverpflichtungen Deutschlands überprüfen, wie zum Beispiel das Gremium zur Istanbul-Konvention (GREVIO) oder der UN-Ausschuss zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW), sind weitere wichtige Adressaten.

Der Berichterstattungsstelle steht außerdem ein begleitender Beirat zur Seite. Der Beirat ist interdisziplinär besetzt und besteht aus 20 Mitgliedern (Stand 16.01.2024). Sie setzt sich zusammen aus Vertreter*innen von verschiedenen Bundesministerien und der Bundesländer, Expert*innen aus der Wissenschaft sowie weiteren Vertreter*innen der Zivilgesellschaft. Er hat das Ziel, die Prävention und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt gemeinsam mit der Berichterstattungsstelle voranbringen.

Was sind die aktuellen Erkenntnisse der Berichterstattungsstelle?

Das Expert*innengremium GREVIO des Europarats hat Deutschland in seinem Evaluationsbericht 2022 unter anderem aufgefordert, die Datenerhebungen zu geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zu verbessern oder für bestimmte Bereiche weiterzuentwickeln.

Die Berichterstattungsstelle wird 2024 daher erstmalig im Rahmen ihres Periodischen Berichts den Umfang und das Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt in Deutschland sowie den Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland in ausgewählten Themenbereichen darlegen.

Vorbereitend hat die Berichterstattungsstelle 2023 zunächst die Datenlage auf Bundes- und Länderebene sowie bei der Zivilgesellschaft analysiert und festgestellt, dass zwar bereits an verschiedenen staatlichen und nichtstaatlichen Stellen Daten erhoben werden, diese aber noch nicht umfassend systematisiert sind und die Erhebung noch nicht vollständig erfolgt.

Um eine bundesweit einheitliche, belastbare Auswertung zu ermöglichen, hat die Berichterstattungsstelle ein indikatorengestütztes, menschenrechtsbasiertes Monitoring entwickelt. Die Berichterstattungsstelle tauscht sich dazu mit den verschiedenen Stellen, die Daten vorhalten, eng aus. Ziel ist unter anderem die gemeinsame Weiterentwicklung und Nutzung der Daten für ein menschenrechtsbasiertes Monitoring. Das Monitoring umfasst auch die Beobachtung und Bewertung von Gesetzgebung und Auswertung und Verbreitung von Rechtsprechung.

Der Periodische Bericht 2024 basiert auf diesem Monitoring-System, um eine evidenzbasierte Einschätzung zum Umfang und Ausmaß geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zu ermöglichen.

Arbeitet die Berichterstattungsstelle unabhängig?

Ja, die Berichterstattungsstelle arbeitet unabhängig von der Bundesregierung und anderen staatlichen Stellen und handelt aus eigener Initiative. Das unabhängige Deutsche Institut für Menschenrechte ist von der Bundesregierung damit betraut worden, die Umsetzung der Konvention des Europarats zu Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) in Deutschland unabhängig zu beobachten und zu begleiten. Hierfür hat es die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt eingerichtet. Die Berichterstattungsstelle wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) finanziert.

Befasst sich die Berichterstattungsstelle mit Einzelfällen?

Wenn Sie von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind oder jemanden kennen, die*der Hilfe benötigt, können Sie sich zum Beispiel an das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen wenden. Es bietet rund um die Uhr eine kostenlose und anonyme Beratung an. Die Telefonnummer ist +498000 116 016. Die Beratung ist in 18 Sprachen möglich. Es gibt auch einen Online-Chat und eine E-Mail-Beratung. Die Berichterstattungsstelle kann keine Rechtsberatung oder psychosoziale Unterstützung anbieten.

Was ist die Istanbul-Konvention?

Die Istanbul-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, den der Europarat 2011 verabschiedete und der 2014 in Kraft trat.

Sie gilt als Meilenstein im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt, denn sie ist das erste rechtlich bindende Instrument, das einen umfassenden Rahmen schafft für

  • Prävention von Gewalt gegen Mädchen und Frauen,
  • Schutz von Mädchen und Frauen vor Gewalt,
  • Strafverfolgung von Täter*innen geschlechtsspezifischer Gewalt,
  • und Überwachung des Gewaltphänomens.

Zudem ist sie das rechtliche Fundament zur Prävention von häuslicher Gewalt sowie zum Schutz von Betroffenen von häuslicher Gewalt.

Die Konvention stärkt die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und verpflichtet die Vertragsstaaten, wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention dieser Formen von Gewalt zu ergreifen. In Bezug auf Jungen und Männer, enthält die Konvention ferner eine Ermutigung, Maßnahmen zu deren Schutz und Unterstützung bei häuslicher Gewalt zu ergreifen.

Wie viele Länder haben die Istanbul-Konvention ratifiziert?

Bislang haben 34 Mitgliedsländer des Europarates die Istanbul-Konvention ratifiziert, darunter 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Deutschland ratifizierte die Konvention am 12. Oktober 2017. Am 1. Februar 2018 trat die Konvention in Deutschland in Kraft. Sie hat den Rang eines Bundesgesetzes. Die EU selbst ist im Juni 2023 der Konvention beigetreten.

Elf Länder des Europarats haben die Konvention unterzeichnet aber (noch) nicht ratifiziert. Hierzu gehören unter anderem die EU-Mitgliedstaaten Lettland, Litauen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Bulgarien. Die Türkei hat am 22. März 2021 die Konvention mit Wirkung zum 1. Juli 2021 aufgekündigt. Polen hat 2021 das Verfassungsgericht um eine Prüfung der Vereinbarkeit der Konvention mit der polnischen Verfassung gebeten. In Ungarn hat das Parlament sich im Mai 2020 geweigert, die Konvention zu ratifizieren (Stand Januar 2024).

Welche Formen von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt umfasst die Istanbul-Konvention?

Die Istanbul-Konvention definiert Gewalt gegen Frauen als „eine Verletzung der Menschenrechte und eine Form der Diskriminierung von Frauen, die alle Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt umfasst, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden für Frauen führen oder führen können, einschließlich der Androhung solcher Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsberaubung, unabhängig davon, ob sie im öffentlichen oder privaten Bereich geschehen“.

Häusliche Gewalt wird als „alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen ehemaligen oder gegenwärtigen Ehegatten oder Partnern geschehen, unabhängig davon, ob Täter*innen mit den Betroffenen im selben Haushalt lebt oder gelebt hat“ verstanden.

Zu den spezifischen Formen von Gewalt, die die Konvention anerkennt, gehören unter anderem: Vergewaltigung, sexuelle Belästigung, Zwangsheirat, weibliche Genitalverstümmelung, erzwungene Abtreibung, erzwungene Sterilisation, Stalking und Femizid.

Wie versteht die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt?

Die Berichterstattungsstelle definiert geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen entsprechend der Istanbul-Konvention und des Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW).  Danach ist Gewalt geschlechtsspezifisch, wenn sie „gegen eine Frau gerichtet ist, weil sie eine Frau ist,“ oder „Frauen unverhältnismäßig stark betrifft“. Gewalt gegen Frauen wird als Menschenrechtsverletzung und eine Form der Diskriminierung der Frau verstanden. Der Begriff „Frau“ umfasst neben der biologischen auch die sozial konstruierte Dimension von Geschlecht bzw. „Gender“ entsprechend den Entwicklungen im internationalen Menschenrechtsschutzsystem.

Welche Maßnahmen müssen Staaten ergreifen, um die Istanbul-Konvention umzusetzen?

Die Istanbul-Konvention verpflichtet Staaten zu einer Reihe von Maßnahmen in vier Bereichen:

Prävention

Zu den präventiven Maßnahmen gehören unter anderem: Gesetze zu schaffen, die den Schutz Betroffener von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt verbessern oder Gesetze im Sinne der Istanbul-Konvention zu ändern; die Öffentlichkeit und die Medien zu sensibilisieren; Gleichstellung und Nichtdiskriminierung zu fördern; Menschenrechtsbildung und Geschlechterfragen in Lehrpläne einzubeziehen; Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Rechte von Frauen und Mädchen einsetzen, zu unterstützen.

Schutz

Zu den Schutzmaßnahmen gehören unter anderem: angemessene und leicht zugängliche Hilfsdienste für die Betroffenen, wie zum Beispiel Notrufnummern, Schutzhäuser, Beratungsstellen, Rechtshilfe, Gesundheitsversorgung, Übersetzungsdienste; Sicherheit, Respekt und Vertraulichkeit für die Betroffenen in Ermittlungs- und Gerichtsverfahren; niedrigschwelliger Zugang zu Schadensersatz und Entschädigung.

Strafverfolgung

Zu den strafrechtlichen Maßnahmen gehören unter anderem: alle Formen von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu verfolgen; Täter*innen zur Rechenschaft zu ziehen und zu bestrafen; Schutzmaßnahmen und Sanktionen anzuwenden, die der Schwere der Tat entsprechen; mit anderen Staaten bei grenzüberschreitenden Fällen zusammenzuarbeiten.

Überwachung

Zu den Überwachungsmaßnahmen gehören unter anderem: Daten über Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu sammeln und zu analysieren; Berichte über die Umsetzung der Konvention zu erstellen und zu veröffentlichen; mit unabhängigen Expert*innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenzuarbeiten; die Empfehlungen der Expert*innengruppe GREVIO zur Überwachung der Konvention einzuhalten.

Was ist die Rolle von GREVIO?

GREVIO ist die Abkürzung für Group of Experts on Action against Violence against Women and Domestic Violence. Es handelt sich um ein unabhängiges Expert*innengremium, das die Umsetzung der Istanbul-Konvention in den Vertragsstaaten überwacht und bewertet. GREVIO besteht aus 15 unabhängigen Expert*innen, die aufgrund ihrer Fachkompetenz und Erfahrung im Bereich der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ausgewählt werden.

Die Arbeit der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt bezieht sich eng auf die Empfehlungen des Expertengremiums GREVIOs an Deutschland.

Welche Länder wurden bisher von GREVIO evaluiert?

GREVIO hat bisher 18 Länder überprüft, darunter Albanien, Österreich, Belgien, Frankreich, Georgien, Griechenland, Schweden und die Türkei. Die Evaluierung von Deutschland wurde im Oktober 2022 abgeschlossen und der Bericht wurde im Juni 2023 veröffentlicht.

Wie beurteilt GREVIO die Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland?

GREVIO hat in seinem Bericht aus 2023 einige Fortschritte beobachtet. Die Expert*innengruppe begrüßt unter anderem eine Reihe von Strafrechtsänderungen. Hierbei wird die Einführung der „Nein heißt Nein“-Regel besonders hervorgehoben, die jede sexuelle Handlung gegen den erkennbaren Willen Betroffener unter Strafe stellt. Deutschland wird aber auch ermutigt, die Anforderungen aus Artikel 36 Absatz 2 der Istanbul-Konvention weiter umzusetzen und alle nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen zu kriminalisieren. Gelobt wird außerdem die explizite Kriminalisierung von technologieunterstützter geschlechtsspezifischer Gewalt, wie beispielsweise Cyberstalking, das unbefugte Fotografieren privater Körperteile, das Teilen von Bildern im Internet und die Verwendung von Stalkerware. Außerdem wird die vom Bundeskriminalamt seit 2016 veröffentlichte Statistik und die damit verbundenen Anstrengungen zur Sichtbarmachung von Partnerschaftsgewalt positiv hervorgehoben.

Allerdings identifiziert GREVIO auch Mängel und Herausforderungen. So sind in Deutschland etwa nicht ausreichend Daten verfügbar und sie werden bundesweit nicht systematisch genug erhoben. Nach GREVIO liegt der Fokus der staatlichen Maßnahmen zudem vor allem auf häuslicher und sexueller Gewalt, andere Gewaltformen wie zum Beispiel Genitalverstümmlung werden nicht ausreichend anerkannt und bekämpft, die Versorgung und Zugänglichkeit von Hilfsdiensten ist unzureichend, ebenso die Prävention und Sensibilisierung. Die Strafverfolgungsrate, so GREVIO, bleibt niedrig und diskriminierte Gruppen werden als Zielgruppen bei Präventionsmaßnahmen, aber auch als vulnerable Gruppen mit besonderem Schutzbedarf wie Barrierefreiheit, nicht genügend berücksichtigt. Deswegen haben die Expert*innen von GREVIO der Bundesregierung empfohlen, diese Lücken zu schließen und die Konvention vollständig umzusetzen.

Publikationen

Ansprechpartner*innen

Portrait von Müşerref Tanriverdi. Müşerref Tanriverdi hat dunkle, schulterlange Locken, trägt dunkle Kleidung und einen grauen Blazer und steht vor einer grauen Wand.
© DIMR/B. Dietl

Müşerref Tanrıverdi

Leitung der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt

Telefon: 030 259 359 – 26

E-Mail: tanriverdi(at)institut-fuer-menschenrechte.de

Kurzbiografie Müşerref Tanrıverdi

Dunkelblauer Hintergrund mit einem Kopf und Körper gezeichnet mit weißen Strichen.

Lena Franke

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
(abwesend bis April 2025)

Telefon: 030 259 359 - 482

E-Mail: franke(at)institut-fuer-menschenrechte.de

Konstantin Häusler
© DIMR/B. Dietl

Dr. Konstantin Häusler

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Telefon: 030 259 359 – 301

E-Mail: haeusler(at)institut-fuer-menschenrechte.de

Dunkelblauer Hintergrund mit einem Kopf und Körper gezeichnet mit weißen Strichen.

Sina Kahlmeier

Projektassistenz

Telefon: 030 259 359 - 26

E-Mail: kahlmeier(at)institut-fuer-menschenrechte.de

© DIMR/B. Dietl

Bettina Krestel

Projektkoordinatorin

Telefon: 030 259 359 - 28

E-Mail: krestel(at)institut-fuer-menschenrechte.de

Dunkelblauer Hintergrund mit einem Kopf und Körper gezeichnet mit weißen Strichen.

Jolanda Krok

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Telefon: 030 259 359 - 29

E-Mail: jkrok(at)institut-fuer-menschenrechte.de

Porträt von Helene Middelhauve
© DIMR/B. Dietl
Portrait von Lina Schwarz
© DIMR/B. Dietl

Lina Schwarz

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
(abwesend bis September 2025)

Telefon: 030 259 359 - 45

E-Mail: schwarz(at)institut-fuer-menschenrechte.de

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