Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Recht auf Wohnen

Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Menschenrecht auf Wohnen ist Teil des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard, wie es in Artikel 11 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) verbrieft ist.

Artikel 11 Absatz 1 des UN-Sozialpaktes

(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden Menschen auf einen angemessenen Lebensstandard für sich und seine Familie an, einschließlich ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbringung, sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen. Die Vertragsstaaten unternehmen geeignete Schritte, um die Verwirklichung dieses Rechts zu gewährleisten, und erkennen zu diesem Zweck die entscheidende Bedeutung einer internationalen, auf freier Zustimmung beruhenden Zusammenarbeit an.

Deutschland im Menschenrechtsschutzsystem: Sozialpakt (ICESCR)

Das Recht auf Wohnen beinhaltet mehr als nur ein Dach über dem Kopf zu haben. Der Wohnraum muss laut dem UN-Sozialpakt angemessen sein. Ob er angemessen ist, bemisst sich an sieben Kriterien: gesetzlicher Schutz der Unterkunft (zum Beispiel durch einen Mietvertrag), Verfügbarkeit von Diensten (unter anderem Trinkwasser, Energie zum Kochen, Heizen und Beleuchten), Bezahlbarkeit des Wohnraums, Bewohnbarkeit der Räume (unter anderem Schutz vor Kälte, Hitze, Regen, Wind), diskriminierungsfreier Zugang zu Wohnraum, geeigneter Standort (zum Beispiel Nähe zu Gesundheitsdiensten, Schulen usw.) und kulturelle Angemessenheit (zum Beispiel bestimmte Baumaterialien oder Raumaufteilungen). Der UN-Fachausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat zentrale Dokumente zur Auslegung des Rechts auf Wohnen herausgegeben.

UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Der UN-Fachausschuss ist das Vertragsorgan für den UN-Sozialpakt und überwacht die weltweite Umsetzung der im Sozialpakt verbrieften wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte. Der Ausschuss hat sich in diesem Zusammenhang auch intensiv mit dem Recht auf Wohnen beschäftigt.

Nomos eLibrary: Allgemeine Bemerkung Nr. 4. Das Recht auf angemessene Unterkunft (Artikel 11 Abs. 1)

Nomos eLibrary: Allgemeine Bemerkung Nr. 7. Das Recht auf angemessene Unterkunft (Artikel 11 Abs. 1): Zwangsräumungen

Information: Die Spruchpraxis des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Für viele Menschen ist es schwer, eine Wohnung in geeigneter Größe und Ausstattung zu bekommen, auch in Deutschland. Besonders hart trifft es Menschen in verletzlichen Lebenslagen, beispielsweise Suchtkranke, Wohnungslose, Menschen, die staatliche Grundsicherung beziehen, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Rassismuserfahrung oder Persons of Color. Fehlt einem Menschen eine geeignete Unterkunft, sind auch viele andere Menschenrechte bedroht, beispielsweise das Recht auf Gesundheit und Leben, das Recht auf Teilhabe und das Recht auf Familie. Die Politik muss mit geeigneten Maßnahmen gegensteuern und dafür Sorge tragen, dass Menschen in verletzlichen Lebenslagen diskriminierungsfreien Zugang zu Wohnungen erhalten.

Während der Corona-Pandemie muss der Staat dafür Sorge tragen, dass das Recht auf angemessenes Wohnen auch für wohnungslose Menschen gewährleistet ist. Dies bedeutet unter anderem, dass Notunterkünfte für vom Virus Betroffene bereitgestellt werden müssen, und dass Wohnungslose gleichwertigen Zugang zu Tests und Gesundheitsversorgung bekommen müssen. Die Pandemie hat Menschen, die in sehr beengten Verhältnissen leben, zum Beispiel durch Überbelegung von Wohnraum, besonders getroffen, da sie dem Virus stärker ausgesetzt sind und das Risiko einer Infektion somit höher ist.

Um das Recht auf angemessenes Wohnen umzusetzen, bedarf es unter anderem einer menschenrechtsbasierten Wohnstrategie. Eine solche Wohnstrategie umfasst dabei mehr als reine Wohnungsbaupolitik. Möglichst schnell ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen, ist dabei nur ein Aspekt. Der Staat muss auch prüfen, welche politischen Vorgaben nötig sind, damit Gruppen in besonders vulnerablen Lebenslagen selbstbestimmt wohnen können. Deshalb müssen auch Betroffene an Wohnpolitik beteiligt werden, d.h. vor allem diejenigen, deren Wohnsituation prekär ist.

Zentrale Anliegen

  • Den diskriminierungsfreien Zugang zu angemessenem und bezahlbarem Wohnraum ermöglichen.
  • Die besonders von Wohnungslosigkeit und prekären Wohnverhältnissen betroffenen Gruppen bei der Planung und Weiterentwicklung der Wohnungspolitik einbeziehen.
  • Eine menschenrechtsbasierte Wohnstrategie entwickeln.
  • Effektive Maßnahmen ergreifen, damit Menschen nicht wohnungslos werden.
  • Menschenrechtskonforme und verbindliche Standards für die ordnungsrechtliche Unterbringung wohnungsloser Menschen verabschieden.

Publikationen zu diesem Thema

Ansprechpartner*in

© DIMR/B. Dietl

Dr. Claudia Engelmann

Stellvertretende Abteilungsleitung

Telefon: 030 259 359 - 471

E-Mail: engelmann(at)institut-fuer-menschenrechte.de

Kurzbiografie Dr. Claudia Engelmann

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