20 Jahre Deutsches Institut für Menschenrechte
Am 8. März 2001 wurde das Institut auf der Grundlage eines einstimmigen Bundestagsbeschlusses ins Leben gerufen. Als unäbhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands setzt es sich seither dafür ein, dass Deutschland die Menschenrechte im In- und Ausland einhält und fördert.
In den vergangenen 20 Jahren haben viele verschiedene Akteure aus Politik und Gesellschaft den Austausch mit dem Institut gesucht, sich mit seinen Forschungsergebnissen und den darauf basierenden Empfehlungen auseinandergesetzt und seine Bildungs- und Informationsangebote genutzt. Erst diese konstruktive und auch kritische Begleitung hat die Arbeit des Instituts relevant gemacht. Denn Fortschritte im Bereich der Menschenrechte sind immer ein Gemeinschaftswerk, und das Institut lebt von der Resonanz, die seine Arbeit findet.
Grußwort von Dr. Wolfgang Schäuble, Präsident des Deutschen Bundestages
Beim Aktivieren der Inhalte findet eine Übermittlung personenbezogener Daten an den Drittanbieter „ Youtube “ in den USA statt. Für die USA gibt es keinen Angemessenheitsbeschluss und keine geeigneten Garantien nach dem Standard der DSGVO. Es besteht das Risiko, dass US-Behörden oder Dritte auf Ihre Daten zugreifen können, ohne dass Sie davon Kenntnis haben. Mit der Aktivierung erteilen Sie uns Ihre Einwilligung nach Art. 49 abs. 1 lit. a) DSGVO für die Weitergabe von Daten. Bitte beachten Sie die vollständigen Informationen in der Datenschutzerklärung


„Kinder haben es im Vergleich mit Erwachsenen schwerer, Zugang zum Recht zu bekommen. Daher braucht es starke Institutionen, die sich für die Rechte der Kinder einsetzen. Die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention beim DIMR ist ein zentraler Baustein zur Überwachung und Stärkung der Kinderrechte in Deutschland.“



„Als unabhängige nationale Menschenrechtsinstitution setzt sich das DIMR seit 20 Jahren für die Einhaltung der Menschenrechte im In- und Ausland ein und ist insbesondere in den Themenfeldern Migration und Menschenrechte, in denen sich auch die Katholische Kirche sehr engagiert, ein wichtiger Mitstreiter.“
Den Menschenrechten eine Stimme geben
Am 8. März 2001 wurde das Institut auf der Grundlage eines einstimmigen Bundestagsbeschlusses ins Leben gerufen. Auf welche Erfolge kann es zurückblicken, wie hat sich die Institutsarbeit seither verändert und was sind aktuelle Herausforderungen bei der Verwirklichung der Menschenrechte? Ein Gespräch mit dem Institutsvorstand, Beate Rudolf und Michael Windfuhr.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte feiert im März sein 20-jähriges Bestehen. Welche Erfolge konnte es mit seiner Arbeit erzielen?
Beate Rudolf: Fortschritte im Bereich der Menschenrechte sind immer ein Gemeinschaftswerk, an dem sich das Institut im Konzert mit anderen Akteuren beteiligt. Der Bundestag hat das Institut vor 20 Jahren damit beauftragt, menschenrechtliche Vorgaben für rechtspolitische Debatten fruchtbar zu machen und in konkrete Empfehlungen an alle Staatsorgane und die Zivilgesellschaft zu übersetzen. Dass unsere menschenrechtliche Expertise gefragt ist, zeigen regelmäßige Anfragen für Stellungnahmen in politischen Prozessen und gerichtlichen Verfahren. In den vergangenen 20 Jahren ist es uns bei einer Reihe von Themen gelungen, Debatten maßgeblich mitzugestalten. Als eine Maßnahme im Kampf gegen Rassismus haben wir beispielsweise schon 2010 gefordert, den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz zu ersetzen – eine Forderung, die breite Unterstützung gefunden hat und über die der Bundestag aktuell debattiert. Bei der Reform des Sexualstrafrechts haben wir mithilfe einer menschenrechtlichen Analyse der Rechtsprechung in Deutschland und mit konkreten Regelungsvorschlägen erfolgreich für den umfassenden Schutz der sexuellen Selbstbestimmung geworben. Auch zur Asyl- und Migrationspolitik haben wir uns dezidiert zu Wort gemeldet und weisen immer wieder darauf hin, dass der menschenrechtlich gebotene Schutz von Menschen im Vordergrund stehen muss und nicht die Abwehr schutzsuchender Menschen. Weitere wichtigen Bereiche, bei denen wir den Menschenrechten eine Stimme geben konnten, waren und sind die Terrorismusbekämpfung, die Rechte älterer Menschen und die Anerkennung von Kinderrechten.
Michael Windfuhr: Vom Agenda-Setting bis zur Umsetzung von konkreten politischen Maßnahmen ist es oft ein mühsamer Weg, für den es einen langen Atem braucht. Als unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution ist das Institut in der Lage, Beharrlichkeit zu beweisen und Themen langfristig zu begleiten. Beispielsweise haben wir bei der Formulierung menschenrechtlicher Verpflichtungen von Unternehmen einen wesentlichen Beitrag geleistet. Wir haben uns dafür eingesetzt, ein neues Verständnis von Behinderung zu etablieren und konnten maßgeblich dazu beitragen, dass mittlerweile alle volljährigen Menschen mit Behinderungen wählen dürfen. Darüber hinaus ist es uns immer wieder gelungen, auf die Anliegen von Menschen aufmerksam zu machen, deren Rechte zu wenig beachtet werden, weil sie keine starke Lobby haben, beispielsweise obdachlose, taubblinde oder intersexuelle Menschen.
Wie hat sich die Arbeit des Instituts in den letzten 20 Jahren verändert?
Windfuhr: Zu Beginn bestand das Institut aus zwei Personen, der stellvertretenden Direktorin Frauke Seidensticker und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Wolfgang Heinz, die sich ein Büro im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte teilten. Heute hat das Institut über 80 Mitarbeitende, wenngleich die meisten von ihnen in zeitlich befristeten Projekten und viele in Teilzeit arbeiten. Für den institutionellen Zuwachs sorgten nicht zuletzt neue Aufgaben, mit denen das Institut beauftragt wurde: Seit 2009 ist das Institut Monitoring-Stelle für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, seit 2015 Monitoring-Stelle für die UN-Kinderrechtskonvention, die allerdings immer noch auf Projektbasis operiert. Zahlreiche Drittmittelprojekte zeigen: Es besteht ein breiter Bedarf nach menschenrechtlicher Beratung. Mit diesem Zuwachs sind auch die Themen, zu denen wir arbeiten, vielfältiger geworden. Sie reichen von Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern über Beschwerdewege in Pflegeheimen bis hin zur Akutversorgung nach sexualisierter Gewalt. Auch die Zielgruppen unserer Arbeit sind diverser geworden: Wir beraten nicht nur die Politik auf Bundesebene, sondern – gerade im Bereich der Rechte von Menschen mit Behinderungen – auf Länderebene, zum Teil auch auf kommunaler Ebene. Wir stärken die Menschenrechtsbildung für Polizei, Strafjustiz oder Lehrkräfte, stellen Interessierten in unserer Bibliothek relevante Informationen zu menschenrechtlichen Themen zur Verfügung oder sind im Austausch mit Unternehmen über menschenrechtliche Sorgfaltspflichten.
Rudolf: Ein wichtiger Schritt war 2015 der Erlass einer gesetzlichen Grundlage für das Institut. Seitdem veröffentlichen wir jährlich einen Bericht über die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland, der Gegenstand der parlamentarischen Befassung im Bundestag ist. Auch international konnte das Institut in den letzten zwanzig Jahren viel bewegen, etwa den Aufbau eines europäischen Netzwerks der Nationalen Menschenrechtsinstitutionen. Von 2016 bis 2019 hatte das Institut sogar den Vorsitz des Weltverbands der Nationalen Menschenrechtsinstitutionen inne. Im weltweiten Vergleich ist das Institut aber eine eher kleine Institution mit begrenzten Ressourcen. Anders als viele unserer Schwesterinstitutionen in Europa und anderswo in der Welt haben wir keine besonderen Befugnisse: Wir können keine Gerichtsverfahren anstrengen, Untersuchungsverfahren durchführen oder als Ombudsstelle in Einzelfällen vermittelnd eingreifen, sondern haben das Monitoring der Umsetzung von Menschrechten, die rechtliche Analyse und Politikberatung im Fokus.
Worin sehen Sie die menschenrechtlichen Herausforderungen für die kommenden 20 Jahre?
Rudolf: Eine große Herausforderung ist die zunehmende soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Ausgrenzung von Teilen der Bevölkerung. Beides bedroht den Kern der Menschenrechte, nämlich die Anerkennung der Gleichheit aller Menschen. Denn die Menschenrechte sind mit dem Versprechen einer inklusiven Gesellschaft verbunden, in der jeder Mensch seine Rechte in Anspruch nehmen und mit gleichen Chancen Teil der Gesellschaft sein kann, ohne Unterschied insbesondere aufgrund von rassistischen Zuschreibungen, Geschlecht, sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität, Religion, Behinderung oder sozialer Herkunft. Auf dem Weg dahin ist jedoch noch viel zu tun.
Windfuhr: Wir leben in einer Zeit, in der sich die menschlichen Lebensgrundlagen gravierend verändern: Der Klimawandel, die Digitalisierung, aber auch die Bewältigung der Corona-Pandemie beeinflussen unser Leben nachhaltig und haben Auswirkungen auf die Verwirklichung der Menschenrechte. Die daraus resultierenden gesellschaftlichen Transformationsprozesse im Sinne der Menschenrechte politisch zu gestalten, ist sicherlich eine der großen Herausforderung, vor der wir stehen. Das Institut will hierbei einen dezidierten Beitrag leisten und menschenrechtliche Orientierung bereitstellen.
Rudolf: Eine weitere Herausforderung sehen wir in der Verrohung des öffentlichen Diskurses, in der Zunahme von Populismus, Hass, Verschwörungsideologien und Gewalt. Dass Menschen auch in Deutschland, die Grund- und Menschenrechte sowie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit infrage stellen, macht uns Sorgen. Deshalb wollen wir Überzeugungsarbeit für die Menschenrechte und die Notwendigkeit demokratischer und rechtsstaatlicher Institutionen und Verfahren leisten und uns aktiv für eine Kultur der Menschenrechte einsetzen. Eine Kultur der Menschenrechte besteht in einer Gesellschaft, wenn die Menschen die Grundlage der Menschenrechte leben, nämlich die Anerkennung der anderen als Gleichberechtigte, und sie sich für die Beachtung der Rechte aller einsetzen. Das meint auch das Grundgesetz mit seinem Bekenntnis zu den Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft. Das Versprechen der Menschenrechte für alle in Deutschland Wirklichkeit werden zu lassen, bleibt deshalb Auftrag des Instituts.
(U. Sonnenberg, März 2021)
Menschenrechte: Welches Thema bewegt Sie derzeit?
Publikation zum Thema
Ansprechparter*in
