Mit Menschenrechten Brücken bauen

Nachbericht zur Online-Auftaktveranstaltung

Neue Narrative in der Menschenrechtsbildung

Wie kann der Zusammenhalt unter den Menschen gestärkt werden, angesichts großer Herausforderungen und Krisen wie der zunehmenden Erderwärmung, des Ukraine-Kriegs oder der Autokratisierung von immer mehr Staaten weltweit? Was ist die Rolle von politischer Bildung in einer sich wandelnden Gesellschaft? Können Menschenrechte eine Brücke sein, um gesellschaftliche Gruppen und Bildungsakteur*innen zusammenzubringen?

Diesen und anderen Fragen widmete sich die Auftaktveranstaltung des Projekts „Mit Menschenrechten Brücken bauen. Politische Bildung in Transformatiosnprozessen“, die am 30. Mai 2023 online mit über 50 Teilnehmenden stattfand. Eingeladen zu der Veranstaltung hatten die Landeszentrale für poltische Bildung Berlin und das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR). Ein Awareness-Team von drei Personen stärkte das Bewusstsein für diskriminierungs-, gewalt- und machtsensible Themen und achtete auf respektvolle Interaktionen während des gesamten Programms. Teilnehmende, die potenziell von struktureller Diskriminierung betroffen sind, konnten beim Awareness-Team Beratung und Unterstützung erhalten und bei Bedarf einen betreuten separaten Breakout-Raum beanspruchen.

Nach den Grußworten von Professorin Beate Rudolf, Direktorin des DIMR, hielt Michael Krennerich einen Impulsvortrag. Der Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen erläuterte anhand der fünf Beispiele

  • Klima
  • Krieg und Frieden
  • Autokratisierung von Staaten beziehungsweise „shrinking spaces“ der Zivilgesellschaft
  • Desinformation durch soziale Medien und künstliche Intelligenz
  • Diversitätsfeindlichkeit und Ausgrenzung

wie Brücken gestaltet sein könnten, um mit großen menschenrechtlichen Herausforderungen umzugehen. Um etwa der Kriminalisierung von Nichtregierungsorgansiationen in vielen Staaten zu begegnen, brauche es Brücken zwischen Menschenrechtsverteidiger*innen vor Ort und internationalen Unterstützer*innen aus Politik und Zivilgesellschaft. Um diese Brücken stark zu machen, so Krennerich, reiche es nicht aus, Menschenrechtsverletzungen zu benennen, sondern man müsse deren Illegitimität aufzeigen.

Im Rahmen eines so genanten Polylogs, eines Austauschs verschiedener Perspektiven ähnlich wie in einem mehrstimmigen Dialog, unter Moderation von Sandra Reitz (DIMR) diskutierten anschliessend folgende Expert*innen:

  • Mohammed Jouni, Mitbegründer der Initiative Jugendliche ohne Grenzen
  • Michael Krennerich, Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen
  • Nivedita Prasad, Professorin an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin
  • Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte

Nach etwa einer halben Stunde wurde die Runde für alle Teilnehmenden geöffnet und die Diskussion verlief weiterhin sehr rege. Wortbeiträge umfassten Themen wie Machtstrukturen und Privilegien von gesellschaftlichen Gruppen, die Stärkung juristischer Debatten bei Menschenrechtsverletzungen, die Notwendigkeit von neuen und nicht mehr eurozentrierten Narrativen in der Menschenrechtsbildung oder auch die Verhältnismässigkeit von Strafen im Zusammenhang mit zivilem Ungehorsam.

Dabei wurde deutlich, dass Menschenrechte bereits ein Ergebnis von historischen Transformationsprozessen sind, und dass das Potential solcher Prozesse noch sichtbarer gemacht werden sollte. Gleichzeitig müssten Menschenrechte als „lernendes Projekt“ verstanden werden, das sich selbst in der ständigen Weiterentwicklung befände. Menschenrechte würden im Diskurs auch missbraucht oder grundsätzlich in Frage gestellt, insbesondere in Bezug auf Flüchtlingsschutz. Frau Rudolf betonte die notwendige Differenzierung von Menschrechtspolitik und Menschenrechtsdogmatik. In Bezug auf die Proteste gegen die Corona-Beschränkungen wurde verdeutlicht, dass nicht jede Rechtseinschränkung eine Rechtsverletzung sei.

Kritisch angemerkt wurde, dass die Ursachen von Menschenrechtsverletzungen in der Menschenrechtsbildung zu kurz kämen. Wichtig sei außerdem, Menschenrechte nicht nur juristisch, sondern interdisziplinär und auch intersektional zu behandeln. Auch die Rechte anderer Lebewesen (Tierrechte, Naturrechte) und Ausgrenzungsmechanismen wurden in der Diskussion thematisiert.

Zum Ende der Veranstaltung öffneten die Veranstalter*innen den Diskurs: Aufgeteilt in mehrere Break-Out-Räume, sprachen die Teilnehmenden über Herausforderungen in gesellschaftlichen Transformationsprozessen im Zusammenhang mit ihrer Bildungsarbeit und nutzten die Gelegenheit, sich untereinander zu vernetzen.

Thomas Gill, Leiter der Berliner Landeszentrale für politische Bildung, betonte in seinem Ausblick, dass in den kommenden Veranstaltungen einige der beim Auftakt gestreiften Themenfelder vertieft würden. In der für Ende September geplanten Online-Veranstaltung etwa, liege der Fokus auf den zunehmenden Rechtsruck in Deutschland und die damit verbundenen Herausforderungen für politische Bidlung. Für den 10.10.2023 ist eine hybride Veranstaltung zum Thema diskriminierungskritische politische Bildung in der Berliner Landeszentrale für politische Bildung geplant.

Zur Programmübersicht der Veranstaltung

Zusammenschnitt der Online-Auftaktveranstaltung vom 30. Mai 2023

Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung durchgeführt und von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert.

Logo der Berliner Landeszentrale für politische Bildung
Logo der Bundeszentrale für politische Bildung

Ansprechpersonen

Sandra Reitz hat kurzes Haar und eine graufarbene Brille. Sie trägt ein hellblaues Polo-Shirt..
© DIMR/B. Dietl

Dr. Sandra Reitz

Stabstelle Grundsatzfragen der Menschenrechtsbildung

Telefon: 030 259 359 - 446

E-Mail: reitz(at)institut-fuer-menschenrechte.de

Portrait von Josephine Akinyosoye
© DIMR/B. Dietl

Josephine Akinyosoye

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Telefon: 030 259 359 - 46

E-Mail: akinyosoye(at)institut-fuer-menschenrechte.de

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