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Demnächst neu im deutschen Strafrecht: Tatbestand Verschwindenlassen

Verschwindenlassen ist ein eigenständiges und komplexes Verbrechen. © iStock.com/Olivier DJIANN

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Im Bundestag wird derzeit über das „Gesetz zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts“ beraten. Bestandteil des Gesetzentwurfs, den die Bundesregierung im November 2023 vorlegte, ist auch die Einführung eines eigenen Straftatbestandes zum Verschwindenlassen in das deutsche Strafgesetzbuch (StGB). Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat dazu in einer ausführlichen juristischen Analyse Stellung genommen.

Unzureichende Umsetzung internationaler Verpflichtungen

Das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem gewaltsamen Verschwindenlassen, das Deutschland 2009 ratifiziert hat, verpflichtet die Vertragsstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass das Verschwindenlassen nach ihrem nationalen Strafrecht eine Straftat darstellt. Noch im März 2023 hatte die Bundesregierung gegenüber dem zuständigen Vertragsausschuss die langjährige Position bekräftigt, dass die im Übereinkommen definierte Menschenrechtsverletzung hinreichend durch bestehende Tatbestände des deutschen Strafrechts (etwa Freiheitsberaubung, Geiselnahmen, et cetera) erfasst wird. Der Ausschuss hingegen betonte, dass das gewaltsame Verschwindenlassen gerade keine Aneinanderreihung oder Kombination verschiedener Straftaten ist, sondern ein einziges, komplexes Verbrechen. Entsprechend forderte er die Bundesregierung erneut dazu auf, den spezifischen Unrechtsgehalt des Verschwindenlassens auch im nationalen Strafrecht abzubilden.

Analyse bestätigt die Notwendigkeit eines eigenständigen Straftatbestandes

Das Institut hatte schon anlässlich dieser Überprüfung Deutschlands durch den Ausschuss im März 2023 in einer Stellungnahme ausgeführt, inwiefern strafrechtliche und völkerstrafrechtliche Lücken dazu führen könnten, dass Täter*innen für das Verschwindenlassen von Personen in Deutschland nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Um noch fundierter zu untersuchen, inwieweit und in welcher Form eine selbstständige Strafvorschrift notwendig ist, beauftragte das Institut Prof. Dr. Julia Geneuss (Universität Bremen) und Prof. Dr. Florian Jeßberger (Humboldt-Universität zu Berlin). Sie legen in sorgfältiger Analyse die formellen und materiellen Deckungslücken im geltenden Strafrecht in Bezug auf das Verschwindenlassen und entsprechend die Notwendigkeit einer selbstständigen Strafvorschrift im StGB dar. Sie bewerten zudem die zwischenzeitlich vorgelegte neue Strafnorm des § 234b StGB. Diese Analyse kann damit über die parlamentarische Beratung hinaus idealerweise auch in der Aus- und Fortbildung von Richter*innen und Staatsanwält*innen genutzt werden.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßt es sehr, dass die Bundesregierung nun ihren Widerstand aufgegeben hat und im Rahmen der Fortentwicklung des Völkerstrafrechts mit dem neuen §234b ein eigener Straftatbestand Verschwindenlassen in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführt wird. „Es ist politisch und rechtlich konsequent, mit dem § 234b die Strafbarkeitslücke in Bezug auf das Verschwindenlassen im geltenden deutschen Strafrecht zu schließen,“ erklärte dazu Beate Rudolf. „Und es ist überfällig im Hinblick auf die Vorreiterrolle, die Deutschland für sich im internationalen Menschenrechtsschutz beansprucht.“

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