Europarat: Menschenrechtsabkommen

Istanbul-Konvention

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Council of Europe Convention on preventing and combating violence against women and domestic violence), auch bekannt als Istanbul-Konvention, ist ein 2011 ausgearbeiteter völkerrechtlicher Vertrag. Es schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. Im Oktober 2017 wurde das Übereinkommen in Deutschland ratifiziert und trat am 1. Februar 2018 in Kraft.

Die 81 Artikel der Istanbul-Konvention enthalten umfassende Verpflichtungen zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, zum Schutz der Betroffenen und zur Bestrafung der Täter*innen. Die Konvention zielt damit zugleich auf die Stärkung der Gleichstellung von Mann und Frau und des Rechts von Frauen auf ein gewaltfreies Leben.

Texte und Ratifikationsstand

Die offiziellen englischen Texte sowie die deutschen Übersetzungen der Istanbul-Konvention und des erläuternden Berichts sind in unserer Datenbank als PDF verfügbar.

GREVIO

Die GREVIO ist die unabhängige Expert*innengruppe, welche für die Überwachung der Umsetzung der Istanbul-Konvention durch die Vertragsparteien verantwortlich ist.

GREVIO beurteilt legislative und andere Maßnahmen, welche von den Vertragsparteien ergriffen wurden, um den Bestimmungen der Istanbul-Konvention Wirkung zu verleihen. Die Expert*innengruppe kann zudem ein besonderes Untersuchungsverfahren einleiten, wenn ein schwerwiegendes, massives oder andauerndes Muster von Gewalttaten, welche unter das Übereinkommen fallen, vorliegt. Weiter kann die Expert*innengruppe gegebenenfalls auch allgemeine Empfehlungen zu Themen und Konzepten innerhalb der Istanbul-Konvention verabschieden.

Die Expert*innengruppe GREVIO besteht je nach Anzahl der Vertragsparteien aus 10 bis 15 Mitgliedern. Seit der 25. Ratifizierung der Istanbul-Konvention sind 15 Abgesandte aktiv. Innerhalb der Gruppe wird auf ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter und Fachwissen im Bereich der Menschenrechte, der Gleichstellung der Geschlechter, der Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt sowie des Opferschutzes geachtet. Voraussetzung für die Wahl in die Expert*innengruppe sind Unabhängigkeit, Integrität, Kompetenz, Verfügbarkeit und Sprachkenntnisse in Englisch und/oder Französisch. Die Expert*innen werden für jeweils vier Jahre vom Ausschuss der Vertragsparteien gewählt.

Länderspezifische Überprüfung

Innerhalb des länderbezogenen Überprüfungsverfahrens findet anhand von Fragebögen und Informationsanfragen eine erste Beurteilung des Vertragsstaates durch die GREVIO statt. Darauf folgen Evaluationsrunden, anhand welcher die Expert*innengruppe die Antworten der Vertragsstaaten auf ihre Fragen miteinbezieht und die Informationen, welche sie von anderen Europaratsgremien, internationalen Institutionen, Nichtregierungsorganisationen und Nationalen Menschenrechtsinstitutionen erhält, berücksichtig. Reichen die gesammelten Informationen nicht aus, kann die Expert*innengruppe Länderbesuche durchführen. Diese dauern in der Regel fünf Tage und werden von zwei Mitgliedern der GREVIO durchgeführt.

Nach der Konsultation mit den zuständigen nationalen Behörden formuliert die Expert*innengruppe den Entwurf eines Abschlussberichts sowie Empfehlungen und stellt sie dem Vertragsstaat zu. Gemeinsam mit allfälligen Kommentaren der betroffenen Vertragspartei werden die Berichte nach ihrer Verabschiedung veröffentlicht und dem Ausschuss der Vertragsparteien zugestellt. Zur Umsetzung der Schlussfolgerungen der GREVIO formuliert der Ausschuss spezifische Empfehlungen für die Vertragsstaaten.

Besonderes Untersuchungsverfahren

Wenn verlässliche Informationen vorliegen, dass in einem Vertragsstaat ein schwerwiegendes, massives oder anhaltendes Muster von Gewalttaten vorliegt, welche unter die Istanbul-Konvention fallen, kann die Expert*innengruppe ein besonderes Untersuchungsverfahren einleiten. In diesem Fall verlangt die GREVIO vom Vertragsstaat die Einreichung eines Sonderberichtes und kann anschliessend eines oder mehrere seiner Mitglieder damit beauftragen, eine Untersuchung durchzuführen. Bei Zustimmung des Vertragsstaates kann diese Untersuchung auch einen Länderbesuch beinhalten. Nachdem die zuständigen Expert*innen ihren Bericht erstattet haben, werden die Ergebnisse ihrer Untersuchung durch die gesamte GREVIO überprüft. Im Anschluss werden die Ergebnisse der Untersuchung der betreffenden Vertragspartei und gegebenenfalls dem Ausschuss der Vertragsparteien sowie dem Ministerkomitee des Europarates übermittelt.

Ausschuss der Vertragsparteien

Neben der Expert*innengruppe GREVIO existiert der Ausschuss der Vertragsparteien, welcher sich aus Vertreter*innen der Vertragsstaaten der Istanbul-Konvention zusammensetzt. Wenn die GREVIO einen Bericht zur Umsetzung der Konvention in einem Vertragsstaat verabschiedet hat, beschäftigt sich der Ausschuss der Vertragsparteien mit deren Darlegungen und verfasst spezifische Empfehlungen für die jeweilige Vertragspartei.

Allgemeine Berichte der GREVIO Aktivitäten

Die allgemeinen Tätigkeitsberichte von GREVIO erläutern das Mandat und die Zusammensetzung der Expert*innengruppe und geben einen Überblick über die Arbeitsmethoden und das Bewertungsverfahren  sowie über die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und anderen Akteur*innen. Sie bieten wichtige Einblicke in die Trends und Herausforderungen bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention.

Informationen für zivilgesellschaftliche Organisationen (NGOs)

Zivilgesellschaftliche Organisationen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die im Bereich der Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen tätig sind, spielen bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention eine Schlüsselrolle. Deshalb sind die Vertragsstaaten gemäß der Konvention rechtlich verpflichtet, ihre Arbeit anzuerkennen, zu fördern und zu unterstützen und eine wirksame Zusammenarbeit mit ihnen aufzubauen (Artikel 9). NGOs sind auch wichtige Partner bei der Überwachung der Umsetzung des Übereinkommens.

GREVIO erkennt die wichtige Rolle der NGOs an, und hat in seiner Geschäftsordnung (Artikel 35) klargestellt, dass NGOs und andere Mitglieder der Zivilgesellschaft wichtige Informationsquellen sind. Alle von NGOs erhaltenen Informationen werden von GREVIO vertraulich behandelt.

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