Fast die Hälfte der Weltbevölkerung nutzt das Internet, darunter mehr als eine Milliarde Kinder. Ihre Rechte müssen geachtet, geschützt und gefördert werden – im realen Leben ebenso wie im digitalen. Konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Kinderrechte in der digitalen Welt hat der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes erarbeitet.
1989 war das Jahr, in dem die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) verabschiedet wurde, es war auch das Jahr, in dem das World Wide Web an den Start ging. Heute nutzt fast die Hälfte der Weltbevölkerung das Internet, ein Drittel der Internetnutzer*innen ist unter 18 Jahre alt und damit Kind im Sinne der UN-KRK. Die Rechte der Kinder und Jugendlichen gilt es zu achten, zu schützen, zu fördern und zu verwirklichen – im realen Leben ebenso wie in der digitalen Welt.
„Kinder haben ein Recht auf Teilhabe am digitalen Umfeld, sie wachsen heute mit digitalen Medien auf. Die Vertragsstaaten haben sich mit Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet, den Zugang zu Informationen und Medien sicherzustellen und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu gewährleisten,“ sagt Jutta Croll, Expertin für Kinderrechte und Jugendmedienschutz aus Berlin und Vorstandvorsitzende der Stiftung Digitale Chancen. Sie war an der Formulierung der „Allgemeinen Bemerkung Nr. 25“ des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes beteiligt. Die im März 2021 veröffentlichte Auslegungshilfe des UN-Ausschusses zur Kinderrechtskonvention beschäftigt sich mit der Verwirklichung der Kinderrechte in der digitalen Welt – ein Thema, das bei Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November 1989 noch keine Rolle spielte.
Kindgerechte Rahmenbedingungen für digitale Inklusion schaffen
Aufgabe des Staates ist es demnach, kindgerechte Rahmenbedingungen für die digitale Inklusion zu schaffen und zu gewährleisten. Der Zugang zu digitalen Technologien kann Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, die gesamte Bandbreite ihrer bürgerlichen, politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte auszuüben. Es geht (unter anderem) um den Zugang zu Informationen und zu staatlichen Leistungen, um den Schutz ihrer Privatsphäre und Sicherheit, um Möglichkeiten zur Teilhabe. Oder um es mit den Worten einer 12-Jährigen aus Kroatien zu beschreiben „Alles ist hier, auf dem Mobiltelefon. Ich kann Informationen zu fast allem finden. Ich kann mit meinen Freund*innen sprechen, wann und wo immer ich will. Die Welt bewegt sich vorwärts, und das müssen wir auch tun.“ Das Mädchen gehört zu den mehr als 700 Kindern und Jugendlichen aus 28 Ländern, die der UN-Ausschuss für die Formulierung seiner Allgemeinen Bemerkung beteiligt hatte.
Technologie- und Medienunternehmen müssen die Kinderrechte achten
Der UN-Ausschuss empfiehlt den 197 Vertragsstaaten der UN-KRK einerseits, Kinder, Jugendliche, zivilgesellschaftlich Akteur*innen wie Kinderrechtsaktivist*innen bei allen Fragen, das digitale Umfeld betreffend, zu beteiligen. Andererseits sollen sie sicherstellen, dass auch Technologie- und Medienunternehmen die Kinderrechte achten. „Kinder und Jugendliche wollen in ihrer Privatsphäre geschützt werden. Sie wollen wissen, wie sie sich dagegen wehren können, wenn Unternehmen ihre Daten sammeln und Werbung auf sie zuschneiden,“ berichtet Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte.
Die Staaten sind auch zuständig für das Recht auf Schutz vor Gewalt in jeder Form. „Bei Verstößen gegen die Kinderrechte muss es für Kinder und Jugendliche – oder deren Eltern – einfacher werden, wirksame gerichtliche und außergerichtliche Rechtsmittel zu nutzen. Das erst im Frühjahr 2021 novellierte deutsche Jugendmedienschutzgesetz kann sich hier durchaus sehen lassen“, so Kittel weiter. Und auch Jutta Croll bestätigt: „Deutschland ist der erste Staat, der die Vorgaben der Allgemeinen Bemerkung zum Schutz von Kindern vor Hass, Gewalt und sexuellem Missbrauch schon in vielen Punkten umgesetzt hat.“
Verbesserung der digitalen Bildung in Deutschland nötig
Aus den Antworten der vom UN-Ausschuss befragten Kinder und Jugendlichen wird ersichtlich, dass sie bei Fragen zum Umgang mit personenbezogen Daten für kommerzielle Zwecke oder zum Wahrheitsgehalt von Informationen ein ausgeprägtes Problembewusstsein haben. Diese kritische Haltung und das Wissen gilt es, so der UN-Ausschuss, bei Kindern wie Erwachsenen weiterzuentwickeln.
Einiges zu tun, gibt es auch in Deutschland beim Recht auf Bildung im digitalen Umfeld. Die Herausforderungen und folglich auch die Empfehlungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes reichen von einer besseren technologischen Infrastruktur in Schulen und bei Schüler*innen zuhause über die Vermittlung digitaler Kompetenzen als Teil der Lehrpläne bis hin zur Qualifizierung von Pädagog*innen und Eltern. „Die beteiligten Kinder und Jugendliche haben sich auch gewünscht, dass Lehrer*innen dieses Wissen erwerben. Denn es zeigt sich im digitalen Umfeld, dass auch die Erwachsenen noch viel lernen müssen“, so Kittel.
(A. Bermejo)