UN-Konvention gegen das Verschwindenlassen engagierter umsetzen!
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Meldung
Fachtagung „Verschwundene suchen und finden“ - Praxiserfahrungen und Ausblick auf die neuen Leitlinien
Lange Zeit schien es ein Thema der Vergangenheit zu sein – seit einigen Jahren ist Verschwindenlassen jedoch sowohl in Lateinamerika als auch beispielsweise in Syrien und im Irak leider wieder sehr aktuell. Die Suche nach gewaltsam Verschwundenen ist in der Praxis weltweit schwierig und auch die Aufklärung, wer rechtlich die Verantwortung für diese Verbrechen trägt, bleibt eine große Herausforderung. In Kooperation mit dem Auswärtigen Amt und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH lud das Deutsche Institut für Menschenrechte am 8. Mai zum Fachgespräch „Verschwundene suchen und finden“ nach Berlin ein.
Tania von Uslar, Beauftragte für Menschenrechte, internationale Entwicklung und Soziales des Auswärtigen Amtes, hob in ihrem Grußwort die Arbeit des UN-Ausschusses gegen das Verschwindenlassen hervor. In den zehn Jahren seines Bestehens sei deutlich geworden, dass die UN-Konvention gegen das Verschwindenlassen als wichtiges Instrument noch immer nicht vollständig umgesetzt werde.
Bärbel Kofler, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, betonte, dass neben den Verschwundenen auch die Angehörigen als Opfer anerkannt werden müssten. In vielen Fällen sei der gesamten Familie ihre Existenzgrundlage entzogen.
Luz Marina Monzón berichtete über ihre Arbeit als Direktorin der Einheit für die Suche nach den Verschwundenen in Kolumbien. Die staatliche Sucheinheit, als temporärer Mechanismus im Rahmen des Friedensabkommens zwischen Regierung und Farc eingerichtet, lege ihr Hauptaugenmerk generell auf die Suche nach Vermissten, seien sie Kampfteilnehmer_innen oder durch Gewalt, Entführung oder illegale Rekrutierung Verschwundene. Informationsquellen zu finden, die Rechercheergebnisse zusammenzutragen und sie zu konsolidieren, sei eine große Herausforderung. Doch nur so lasse sich ein Pfad zu den Verschwundenen finden. Selbst wenn diese nicht mehr lebend gefunden würden, müssten die Toten zweifelsfrei identifiziert werden. Der Suchdienst sei humanitär ausgerichtet und arbeite unabhängig vom und parallel zum Gerichtsverfahren. Strafrechtliche Verantwortlichkeiten zu klären, bleibe Aufgabe der Justiz, so Luz Marina Monzón.
Seit April 2019 gibt es Leitlinien zur Suche nach Verschwundenen
Rainer Huhle, deutsches Mitglied im UN-Ausschuss gegen das Verschwindenlassen, ging auf die im April 2019 verabschiedeten Leitlinien zur Suche nach Verschwundenen ein. Mittlerweile lägen dem Ausschuss 600 Eilanträge vor, um in jüngerer Zeit verschwundene Personen zu finden. Die Erfahrungen der letzten zehn Jahre hätten gezeigt, dass die Instrumente für die Suche verbessert werden müssten. Mit den neuen Leitlinien könnten jetzt die Staaten, die Zivilgesellschaft, Expert_innen und auch Institutionen arbeiten. Die 16 Prinzipien der Leitlinien seien die schriftliche Ausarbeitung von Artikel 24 (3) des UN-Übereinkommens gegen das Verschwindenlassen: „Jeder Staat unternimmt alle geeigneten Maßnahmen, um verschwundene Personen zu suchen, aufzufinden und zu befreien sowie im Fall ihres Todes ihre sterblichen Reste zu finden, respektvoll zu behandeln und zu übergeben.“ Die Leitlinien seien das Ergebnis von Konsultationen mit vielen Akteuren und Angehörigen. Zudem seien die Kommentare von Expert_innen und Stakeholdern sowie einiger Regierungen mit eingeflossen.
Im anschließenden Gespräch zwischen Rainer Huhle und Barbara Lochbihler, Vizepräsidentin des Menschenrechtsausschusses des Europäischen Parlaments, ging es um neue Herausforderungen beim Umgang mit dieser vermeintlich vergangenen Menschenrechtsverletzung. Rainer Huhle wies darauf hin, dass immer wieder neue Akteure auftreten, die mit Billigung oder gar Kooperation der Behörden Menschen verschwinden lassen. Es gehe also auch um die Frage, wer die politische Verantwortung für die Verbrechen trage. Barbara Lochbihler wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass zunehmend Menschen auf Flucht- und Migrationsrouten verschwinden, und dass zu prüfen ist, inwiefern Staaten, die das UN-Übereinkommen ratifiziert haben, in die Verantwortung genommen werden müssen. Huhle betonte, dass es heute seltener hochrangige Gegner_innen von Regimen treffe, sondern vermehrt Akteure, die mit ihrer Arbeit an der Basis den Interessen der Machthaber_innen im Wege stehen, wie etwa Menschenrechtsverteidiger_innen, Umweltaktivist_innen oder Kleinbäuer_innen. Diese könnten im Gegensatz zu Opfern aus einem politischen Umfeld selten auf ein bereits bestehendes Netzwerk zurückgreifen, das sie unterstütze.
Rainer Huhle sprach sich dafür aus, Verschwindenlassen in Deutschland zukünftig als Straftatbestand zu behandeln. Deutschland könne zudem gezielte Kampagnen betreiben, um weitere Staaten zur Ratifizierung der UN-Konvention zu bewegen. Ergänzend wünschte er sich ein Bündnis demokratisch gesinnter Staaten, um den Menschenrechtsschutz in den Vereinten Nationen zu stärken.
Barbara Lochbihler empfahl, die verschiedenen Strategien der UN in Hinblick auf Verschwindenlassen genauer zu analysieren. Wichtig sei außerdem, eine finanzielle Unterstützung für besseres und technisch modernstes forensisches Wissen bereitzustellen sowie vorhandene Netzwerke von Menschenrechtsorganisationen zu unterstützen und deren Arbeit zu stärken.
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