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Risiken rassistischer Diskriminierung bei der polizeilichen Datenverarbeitung minimieren

Die deutsche Polizei verarbeitet in erheblichem Umfang sensible Daten. Dabei braucht es besseren Schutz vor rassistischer Diskriminierung. © picture alliance/Harald Tittel/dpa

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Nicht nur auf der Straße oder in Zügen kann es zu Racial Profiling kommen, sondern auch unsichtbar und unmerklich durch die Nutzung polizeilicher Informationssysteme, wenn Angaben etwa über die Hautfarbe, Herkunft oder Sprache von Personen unzulässigerweise verarbeitet werden. Aufgrund der Diskriminierungsrisiken, die bei der Verarbeitung solch besonderer Kategorien personenbezogener Daten („sensible Daten“) bestehen, ist diese nur im Ausnahmefall und unter besonderen Voraussetzungen erlaubt.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat bereits im Dezember 2023 in seinem Bericht über die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland untersucht, wie Betroffene bei der polizeilichen Verarbeitung ihrer Daten vor rassistischer Diskriminierung geschützt sind. Jetzt liegt eine aktualisierte Fassung dieser Studie vor.

Die Studie stellt die grund-, menschen- und europarechtlichen Vorgaben zum Schutz vor den Risiken rassistischer Diskriminierung bei der polizeilichen Datenverarbeitung dar und untersucht, wie diese im deutschen Datenschutz- und Polizeirecht umgesetzt wurden. Zum anderen wird der Frage nachgegangen, was über die polizeiliche Praxis bekannt ist: Welche Datenkategorien, aus denen – wie es im Datenschutzrecht heißt – eine „rassische oder ethnische Herkunft“ hervorgeht, werden durch die deutschen Polizeien erfasst und in welchem Ausmaß? Wie werden sie genutzt und welche Maßnahmen zu ihrem Schutz greifen in der Praxis?

Hierzu wurden Interviews und Hintergrundgespräche mit Expert*innen aus Datenschutzaufsichtsbehörden, Polizei, Zivilgesellschaft und Wissenschaft geführt. Außerdem wurden Informationen bei den Innenministerien aller Länder abgefragt und öffentlich verfügbare Informationen, Studien und Parlamentsdrucksachen aus Bund und Ländern ausgewertet.

Von „Phänotypen“ bis zu Familiennamensrecherchen: Umfangreiche polizeiliche Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten

Die Untersuchung zeigt, dass die deutschen Polizeien in erheblichem Umfang sensible Daten verarbeiten. So werden bei erkennungsdienstlichen Maßnahmen auch „Phänotypen“ zugeschrieben und im polizeilichen Informationssystem INPOL Menschen etwa als „afrikanisch“ oder „europäisch“ erfasst. Aber auch „Volkszugehörigkeit“ oder Sprache sind Kategorien der polizeilichen Datenverarbeitung, und selbst die Registrierung eines Familiennamens kann zu rassistischer Stigmatisierung führen.

Zugleich sind die Voraussetzungen für die Verarbeitung sensibler Daten gesetzlich nicht hinreichend bestimmt und es fehlen verbindliche Vorgaben für Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen. Zwar sollen Datenschutzfolgeabschätzungen helfen, Risiken zu erkennen und zu minimieren. Ob solche Risiken bestehen und ob es überhaupt eine Folgeabschätzung braucht, wird jedoch allein polizei­intern und ohne Beteiligung von Betroffenen entschieden. Mit wenigen Ausnahmen herrscht dabei ein enges Verständnis vor, was besondere Kategorien personenbezogener Daten, aus denen eine „rassischer oder ethnische Herkunft“ hervorgehen, sind, sodass diese in der Regel kaum anders behandelt werden als sonstige Daten.

Es braucht rechtliche Reformen, mehr Transparenz und kritische Selbstreflexion

Das Institut empfiehlt den Gesetzgebern in Bund und Ländern deshalb, zu präzisieren, unter welchen Bedingungen sensible Daten, wenn überhaupt, verarbeitet werden dürfen. Zudem braucht es verbindliche Schutzmaßnahmen. Polizei und Innenministerien sollten mehr Transparenz darüber herstellen, wie und mit welchen Konzepten sie sensible Daten verarbeiten, und sich einer kritischen Selbstreflexion unter Einbeziehung von Rassismusbetroffenen stellen.

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