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GRETA: Lob und Empfehlungen für Deutschland

Besuch der Expert*innengruppe in der Berichterstattungsstelle Menschenhandel im Mai 2023. © DIMR

· Meldung

Die Expert*innengruppe des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (GRETA) hat im Juni ihren aktuellen Evaluationsbericht zu Deutschland veröffentlicht. In der dritten Evaluationsrunde lag der Schwerpunkt auf dem Zugang zu Rechtsschutz und Entschädigung für Betroffene von Menschenhandel. Der Bericht zu Deutschland würdigt die Fortschritte bei der Prävention und der Strafverfolgung von Menschenhandel sowie beim Schutz von Betroffenen, weist aber auch auf wichtige Handlungsfelder hin, die weiterhin verstärkte Aufmerksamkeit erfordern.

Die Expert*innen loben die verbesserten Unterstützungsmaßnahmen für Betroffene von Menschenhandel in Deutschland, wie etwa die Reform des sozialen Entschädigungsrechts (SGB XIV). Hierdurch wird die psychische Gewalt, die Betroffene erlitten haben, als eine Form von Gewalt anerkannt, die für staatliche Entschädigung infrage kommt. Sie betonen jedoch, dass der Zugang zu Entschädigungen und die Identifizierung von Betroffenen dringend weiter verbessert werden müssen. „Der Bericht gibt wichtige, konkrete Handlungsempfehlungen, wie die Unterstützung für Betroffene von Menschenhandel in Deutschland weiter verbessert werden kann“, sagte Naile Tanış, Leiterin der Berichterstattungsstelle Menschenhandel des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

GRETA empfiehlt unter anderem die Erarbeitung und Umsetzung eines umfassenden Nationalen Aktionsplans zu Menschenhandel, den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen der Bundesländer zur Bekämpfung des Menschenhandels, die alle relevanten Akteure und alle Formen des Menschenhandels einbeziehen, sowie die Verabschiedung einer gesetzlichen Grundlage zur Stärkung des Mandats der Berichterstattungsstelle Menschenhandel des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Die Expert*innen empfehlen zudem eine bessere statistische Erfassung des Phänomens Menschenhandel.

Zusammenarbeit und Identifizierung

Weiterhin empfiehlt die Expert*innengruppe, die Zusammenarbeit zwischen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, der Polizei, den Gewerkschaften und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren zu stärken. Um sicherzustellen, dass möglichst alle Betroffenen von Menschenhandel identifiziert werden können, solle erhöhte Aufmerksamkeit auf die Identifizierung von Betroffenen unter Asylsuchenden gelegt werden, unter anderem indem in den entsprechenden Behörden eine ausreichende Zahl von Mitarbeiter*innen und Sprachmittler*innen eingestellt und zum Thema Menschenhandel geschult wird.

Unterstützung, Recht auf Entschädigung, Schutz vor Bestrafung

GRETA empfiehlt weiterhin, adäquate Unterstützung für die Betroffenen bereitzustellen, einschließlich sicherer Unterkünfte, die an ihre speziellen Bedürfnisse angepasst sind, auch an die von männlichen oder trans Betroffenen und auch an die von Kindern und Jugendlichen. Die Vertragsstaaten, wie Deutschland, sollen durch zusätzliche Bemühungen sicherstellen, dass Betroffene von Menschenhandel Zugang zu Unterstützung haben, unabhängig davon, ob sie in einem Strafverfahren kooperationsbereit sind. Auch solle es spezialisierte Fachberatungsstellen geben, die ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen bräuchten.

Betroffenen von Menschenhandel, auch mutmaßlich Betroffenen, solle eine Erholungs- und Bedenkzeit angeboten werden, in der keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vollstreckt werden. Im Hinblick auf den Zugang von Betroffenen zum Recht empfiehlt GRETA, ihren Zugang zu Informationen zu verbessern und sie zudem alle, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, in die Lage zu versetzen, ihr Recht auf Entschädigung effektiv auszuüben. Die Rechtsvorschriften über das Einfrieren und Einziehen von Vermögenswerten der (mutmaßlichen) Täter*innen sowie die Möglichkeiten zur internationalen Zusammenarbeit in diesem Bereich solle Deutschland in vollem Umfang nutzen, um die Entschädigung der Betroffenen sicherzustellen. Hintergrund ist, dass das eingefrorene Vermögen für Entschädigungsansprüche der Betroffenen zur Verfügung stehen soll.

Schließlich weisen die Expert*innen auf die Verpflichtung Deutschlands hin, den Grundsatz der Nichtbestrafung von Betroffenen von Menschenhandel für ihre Beteiligung an rechtswidrigen Handlungen konsequent zu gewährleisten, sofern sie zu diesen Handlungen gezwungen wurden.

Die Berichterstattungsstelle Menschenhandel hat im September ein Factsheet mit einer Übersicht über die aktuellen Empfehlungen der Expert*innengruppe GRETA an Deutschland veröffentlicht.

GRETA

Die Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings (GRETA) ist die unabhängige Expert*innengruppe, die die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels überwacht. Ihre Arbeit umfasst die regelmäßige Evaluation der Staaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, um den Fortschritt bei der Bekämpfung des Menschenhandels zu bewerten und Empfehlungen für Verbesserungen zu geben.

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