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Der Klimawandel und sein wachsender Einfluss auf Flucht und Migration

Der Klimawandel verschärft Konflikte und verursacht vermehrt Fluchtbewegungen. © iStock/Edgar G. Biehle

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Der Klimawandel erhöht das Auftreten von Extremwetterereignissen wie Waldbränden oder Überschwemmungen und führt zu langfristigen Umweltveränderungen wie dem Anstieg der Meeresspiegel und Dürren. Indem in der Folge Ernteerträge ausfallen oder Wasser knapper wird, schürt der Klimawandel politische und soziale Konflikte und beeinflusst Migrations- und Fluchtbewegungen. Von den Folgen sind vor allem Bevölkerungsgruppen betroffen, die ohnehin stark benachteiligt sind.

Zur Schließung von Lücken im bestehenden Schutzsystem besteht dringender politischer Handlungsbedarf – sowohl auf rechtlicher als auch auf humanitärer Ebene. Vor diesem Hintergrund luden UNHCR Deutschland, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und das Deutsche Institut für Menschenrechte zum gemeinsamen Fachdialog ein.

Klimabedingte Konflikte als Fluchtursache und staatliche Verpflichtungen

„Der Klimawandel verschärft die Verwundbarkeit von Menschen”, betonte Andrew Harper, Sonderberater für Klimamaßnahmen bei UNHCR, in seinem Eingangsstatement. Diese Vulnerabilität führe zu Spannungen und sozialen und politischen Konflikten, die die Menschen veranlassen, ihre Heimatländer und -regionen zu verlassen. Dass der Klimawandel nicht für sich alleinsteht, sondern fluchtrelevante Ursachen begründet und verstärkt, hob auch Prof. Dr. Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, in seinem Vortrag hervor. Der Klimawandel führe zu ökologischer und geopolitischer Instabilität. Wenn das 1,5-Grad-Ziel nicht eingehalten werde, riskiere man einen unumkehrbaren Verlust von stabilisierenden und lebenswichtigen Ressourcen.

Die Verantwortung für den Schutz von Klimageflüchteten sah Prof. Dr. Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, in ihrem Beitrag ganz klar auf staatlicher Ebene. Internationale Vereinbarungen zum Schutz der Menschenrechte müssen auch im Fall von Klimageflüchteten ihre volle Geltungswirkung entfalten, da der Klimawandel eine Gefährdung für das Recht auf Gesundheit, Leben, Nahrung, Wasser und Wohnraum darstelle. Die Staaten seien verpflichtet, die Menschen auf ihrem Staatsgebiet bestmöglich vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel dürften aber nicht ihrerseits Menschenrechte verletzen. Von besonderer Bedeutung sei auch die Pflicht zur internationalen Zusammenarbeit, um Länder zu unterstützen, in denen Klimageflüchtete Schutz suchen.

Klimabedingte Flucht in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren stärker berücksichtigen

Nach den drei Eingangsvorträgen tagten Arbeitsgruppen, um gemeinsame Lösungsansätze herauszuarbeiten. Die erste Arbeitsgruppe ging der Frage nach, welche Rechtsgrundlagen für den Schutz von Menschen, die vor den Folgen des Klimawandels nach Deutschland flüchten, einschlägig sein könnten. Ein Ergebnis der Diskussion war, dass klimabedingte Flucht im Rahmen eines Abschiebungsverbotes zwar berücksichtigt werden kann, die Anforderungen hierfür jedoch sehr hoch sind. Um bestehende Schutzmöglichkeiten im Asylverfahren vollständig auszuschöpfen, müssten bereits im Vorfeld die Mitarbeitenden von Asylbehörden besser für migrationsrelevante Faktoren des Klimawandels sensibilisiert werden. Auch über die Schaffung neuer Aufenthaltstitel und Aufnahmeprogramme wurde diskutiert.

Deutschland muss sich der eigenen Verantwortung bewusst werden

Die zweite Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Rolle von Außenpolitik bei klimabedingter Migration. Ein sofortiger Lösungsansatz erfordere, dass Deutschland sich als einer der Hauptverursacher des Klimawandels seiner eigenen Verantwortung im globalen Kontext bewusst werde und die Vielzahl, der ihm zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen berücksichtige. Hierfür bedarf es einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit und einer verbesserten Kommunikation.

Klimabedingte Migration in „Loss and Damage Fund“ integrieren

Die dritte Arbeitsgruppe legte den Fokus auf Ostafrika und beschäftigte sich mit der Frage nach den Möglichkeiten und den Grenzen von Hilfs- und Entwicklungsmaßnahmen vor Ort. Eine konkrete Auflistung von bewährten Verfahren und erfolgreichen Projekten sei förderlich. Zudem sollte die klimabedingte Migration im „Loss and Damage Fund“ integriert werden, welcher die durch Klimawandel herbeigeführten Schäden wie Ernteausfälle oder die Zerstörung von Infrastruktur und Obdach ausgleichen soll.

Die Diskussion um Klimawandel und Flucht muss stärker in politischem Handeln münden

Das Abschlusspanel betonte, dass Flucht lebensrettend und damit zwingend für die betroffenen Menschen sein kann. Mit dabei waren Prof. Dr. Walter Kälin, Beauftragter des Vorsitzes der Plattform für Katastrophenvertreibung, Christina Wegelein, Leiterin des Referats Geopolitik des Klimawandels, Klimawandel, Sicherheit und Wasserdiplomatie des Auswärtigen Amtes, Dr. Julia Duchrow, stellvertretende Generalsekretärin von Amnesty International, und Dr. Andrea Steinke, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Centre for Humanitarian Action.

Zu den entscheidenden Schutzmechanismen gehörten eine stärkere Resilienz gegenüber Konflikten und sichere Fluchtwege sowie legale Einreisemöglichkeiten. Der Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2021 habe zudem aus klimapolitischer Sicht den Akteuren neuen Antrieb gegeben, ihrer Verantwortung bei der Erreichung der Klimaziele gerecht zu werden. Es wurde jedoch auch kritisiert, dass trotz jahrelanger Diskussionen zur klimabedingten Flucht noch keine erkennbaren strukturellen Veränderungen angestoßen wurden. Die Tagung endete mit einem Appell zur Dringlichkeit politischen Handelns zum Schutz der betroffenen Menschen.

(Alina Kondrakova)

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