Die barrierefreie Mobilität von Menschen mit Behinderungen wird Berlin auch mittelfristig nur dann sicherstellen können, wenn das Thema priorisiert und das Umsetzungstempo deutlich erhöht wird. Trotz eines allgemein positiven Trends bestehen weiter große Umsetzungsprobleme beim Recht auf persönliche Mobilität, die sich ohne eine zusammenhängende Gesamtplanung kaum werden lösen lassen. Zu diesem Ergebnis kommt der zweite Mobilitätsbericht Berlin der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention. In einem partizipativen Verfahren hat die Monitoring-Stelle Daten zur Mobilität von Menschen mit Behinderungen in Berlin zusammengetragen. Der Bericht legt einen besonderen Fokus auf die Implikationen von Mobilitätswende und Neuer Mobilität für Menschen mit Behinderungen.
Bisher kein Teilbereich der Berliner Mobilitätslandschaft vollumfänglich barrierefrei
Im Berliner Nahverkehr stellen die selbstständige Nutzbarkeit der Fahrzeuge durch Menschen mit Behinderungen und Ausfälle von Aufzügen die drängendsten Probleme dar. Im öffentlichen Raum sind unsachgemäß abgestellte und umgekippte E-Tretroller aktuell ein großes Sicherheitsrisiko für Menschen mit Behinderungen. Aber auch im Autoverkehr erschweren ungeklärte Zufahrtsbefugnisse in verkehrsberuhigten Bereichen, ein Mangel an Behindertenparkplätzen oder nicht barrierefreie Ladesäulen die Mobilität von Menschen mit Behinderungen, während über die Situation und Bedarfe behinderter Radfahrer*innen bislang kaum etwas bekannt ist.
Berlin bleibt in seinen Antworten hinter seinen Möglichkeiten zurück
Das Recht, selbstbestimmt mobil zu sein und über Art, Weise und Zeitpunkt von Wegen gleichberechtigt mit anderen entscheiden zu dürfen, ist in Artikel 20 der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben. Die Monitoring-Stelle sieht dabei die Landesregierung in der Pflicht, die barrierefreie Mobilität, wie sie in der UN-BRK und dem Mobilitätsgesetz des Landes vorgesehen ist, sicherzustellen. Dazu berichtet Frieder Kurbjeweit, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Monitoring-Stelle:
„Wenngleich das inklusive Mobilitätskonzept für Menschen mit Behinderungen wieder Einzug in den Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung gefunden hat, fehlen dem Vertrag bedauerlicherweise detaillierte Aussagen zu wichtigen Themen im Kontext der Mobilität von Menschen mit Behinderungen. Dabei verfügt Berlin etwa mit dem starken Mobilitätsgesetz, dem Begleitservice des VBB oder dem Pilotversuch Alternative Barrierefreie Beförderung über eine Reihe innovativer Instrumente im Sinne einer selbstbestimmten Mobilität von Menschen mit Behinderungen, die konsequent ausgestaltet und durchgeführt, entscheidende Verbesserungen in der persönlichen Mobilität ermöglichen würden. Es ist von großer Wichtigkeit, dass sich die neue Landesregierung dieser Themen annimmt.“
Öffentlicher Raum und Anforderungen an Barrierefreiheit verändern sich schnell
Die vergangenen Jahre waren durch Umgestaltung des öffentlichen Raums in Berlin geprägt. Laut dem Bericht der Monitoring-Stelle wurde die Umgestaltung allerdings nicht konsequent genutzt, um den öffentlichen Raum auch barrierefrei zu gestalten. So berichteten Menschen mit Behinderungen etwa vom Wegfall von Schwerbehindertenparkplätzen bei der Errichtung von Fahrradspuren oder E-Ladesäulen. Hinzu kommen bedenkliche Entwicklungen, wie eine tendenziell weniger klare Trennung von Fuß- und Radverkehr oder die Sperrung von Straßen für den Durchgangsverkehr mit KfZ ohne tragfähige Zufahrtslösungen für Menschen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung darauf angewiesen sind.
Vergünstigungen wie das 29-Euro-Ticket erleichtern die Mobilität insbesondere für solche Menschen mit Behinderungen, die über keinen Schwerbehindertenausweis verfügen. Gleichzeitig stellen Fortschritte bei technischen Standards, steigende Nutzer*innenzahlen und ein aufgrund der gesellschaftlichen Alterung höherer Anteil von Fahrgästen, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, höhere Anforderungen an bereits grundsätzlich barrierefreie Anlagen. Dies könnte dazu führen, dass sich bereits „barrierefrei“ gestaltete Infrastruktur ohne gleichzeitigen Ausbau der Kapazitäten mittelfristig als nicht mehr zeitgemäß erweist. So kommt es in Stoßzeiten auch heute schon dazu, dass Aufzüge zu klein sind, um das Nutzer*innenaufkommen zu bewältigen.
Weiterhin keine Bewegung beim Mobilitätskonzept für Menschen mit Behinderungen
Die Monitoring-Stelle kritisiert, dass das seit vielen Jahren angekündigte Konzept zur Mobilitätssicherung von Menschen mit Behinderungen, das eine ganzheitliche Mobilitätsplanung sicherstellen könnte, weiterhin nicht erstellt wurde. Nachdem die vorherigen Landesregierungen das Thema zu lange auf die lange Bank geschoben hatten, geriet der im Dezember 2022 angestoßene Prozess eines Runden Tisches mit Vertreter*innen von Menschen mit Behinderungen im Kontext der Wahlwiederholung ins Stocken. Dabei bestehen aufgrund einer fehlenden Gesamtplanung vermeidbare Schwierigkeiten an Schnittstellen innerhalb der Reiseketten der Betroffenen. Die unterschiedlichen Möglichkeiten mobil zu sein, sind außerdem für Menschen mit Behinderungen kaum zu überblicken. Es ist dringend notwendig, den Prozess hin zu einer ganzheitlichen Mobilitätsplanung zügig wieder aufzunehmen. Neben der integrierten Verkehrsplanung gilt es die fehlenden Teile des Mobilitätsgesetzes „Wirtschaftsverkehr“ und „Neue Mobilität“ im Sinne der Barrierefreiheit nachzuschärfen.
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