Europarat: Menschenrechtsabkommen

Europaratskonvention gegen Menschenhandel

Das Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels (Council of Europe Convention on Action against Trafficking in Human Beings, No. 197, auch Europaratskonvention gegen Menschenhandel) ist ein im Jahre 2005 ausgearbeiteter völkerrechtlicher Vertrag. Er schafft verbindliche Rechtsnormen gegen alle Formen des Menschenhandels und eine Grundlage zum menschenrechtlichen Umgang mit den Betroffenen. Deutschland hat das Übereinkommen am 28. Juni 2012 ratifiziert. Seit 01. April 2013 ist die Konvention in Deutschland in Kraft getreten und rechtsverbindlich.

Die Europaratskonvention gegen Menschenhandel ist der erste rechtsverbindliche Vertrag auf europäischer Ebene, der den Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und zur Arbeitsausbeutung ausdrücklich in einen menschenrechtlichen Kontext stellt und die Mitgliedstaaten zu umfassenden Maßnahmen zur Prävention von Menschenhandel, der Strafverfolgung der Täter und Täterinnen und dem Schutz der Opfer verpflichtet.

Texte und Ratifikationsstand

GRETA

Die Abkürzung GRETA steht für „Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings”. Die Expert*innengruppe überwacht die Durchführung des Übereinkommens durch die Vertragsparteien.

GRETA besteht aus 15 unabhängigen und unparteiischen Expert*innen aus den Vertragsstaaten, die alle vier Jahre von dem Ausschuss der Vertragsparteien des Übereinkommens neu gewählt werden. Bei der Zusammensetzung ist auf eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter und eine ausgewogene geographische Verteilung sowie multidisziplinäres Fachwissen zu achten (Artikel 36).

Länderspezifische Überprüfung

Das länderspezifische Überprüfungsverfahren (Monitoring) ist in Evaluationsrunden mit einer Dauer von jeweils vier Jahren eingeteilt. Jede Evaluationsrunde durchläuft verschiedene Phasen.

  1. Eine Runde beginnt mit der Aufforderung an einen Vertragsstaat, einen umfangreichen Fragebogen innerhalb der gesetzten Frist auszufüllen. Der Fragenkatalog setzt dabei einen Schwerpunkt auf bestimmte Vorgaben aus der Konvention, deren Umsetzung in dieser Runde evaluiert werden soll. Der Fragebogen oder einzelne Anfragen können auch an zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich mit der Bekämpfung von Menschenhandel beschäftigen, gerichtet werden. Diese können auch unabhängig hiervon einen eigenen Bericht einreichen.
  2. Der Vertragstaat erstellt anhand des Fragebogens einen Bericht zum Umsetzungsstand der Konvention aus staatlicher Perspektive, der durch Berichte der Zivilgesellschaft ergänzt wird.
  3. Bei den darauffolgenden Länderbesuchen („Evaluation-Visits“) besteht die Möglichkeit, den Bericht vertiefend zu diskutieren. Zum Zwecke der Länderbesuche entsendet GRETA eine Delegation, die aus den Mitgliedern des Expert*innengremiums besteht, die für die Evaluationsrunde im jeweiligen Land Bericht erstatten. Im Rahmen des Besuches kann sich die Delegation mit Vertreter*innen von Staat und Zivilgesellschaft auf Bundes- und Landesebene treffen.
  4. Auf dieser Basis erstellt GRETA einen Entwurf ihres Berichtes, der zur Stellungnahme an die Vertragspartei übermittelt wird. Diese kann erneut innerhalb einer vorgegebenen Frist Stellung nehmen.
  5. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Vertragspartei fertigt die Expert*innengruppe ihren Bericht und die entsprechenden Schlussfolgerungen an. Der Bericht wird von einer Zweidrittelmehrheit beschlossen und sodann dem Vertragsstaat zugesendet und veröffentlicht. Er wird zudem dem Ausschuss der Vertragsparteien zugestellt, der spezifische Empfehlungen zur Umsetzung (Recommendations) für die Vertragsstaaten formuliert.

Besonderes Untersuchungsverfahren

GRETA kann auch außerhalb des regulären Monitoringverfahrens bei Hinweisen auf eine Situation, die umgehendes Handeln erfordert, eine dringende Anfrage an einen Vertragsstaat richten oder sogar eine Delegation in den Vertragsstaat entsenden.

Ausschuss der Vertragsparteien

Neben der Expert*innengruppe GRETA existiert der Ausschuss der Vertragsparteien, der sich aus Vertreter*innen der Vertragsstaaten der Europaratskonvention gegen Menschenhandel zusammensetzt. Wenn GRETA einen Bericht zur Umsetzung der Konvention in einem Vertragsstaat verabschiedet hat, befasst sich der Ausschuss der Vertragsparteien mit den Ausführungen und formuliert spezifische Empfehlungen an den betreffenden Vertragsstaat.

Allgemeine Berichte über GRETAs Aktivitäten

Die allgemeinen Tätigkeitsberichte von GRETA erläutern das Mandat und die Zusammensetzung der Expert*innengruppe und geben einen Überblick über die Arbeitsmethoden und das Bewertungsverfahren sowie über die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und anderen Akteur*innen. Sie bieten wichtige Einblicke in die Trends und die Herausforderungen bei der Umsetzung der Konvention. Seit 2011 veröffentlicht GRETA jährlich einen Bericht.

Informationen für zivilgesellschaftliche Organisationen (NGOs)

Gemäß Art. 35 des Übereinkommens sollen die Vertragsparteien die staatlichen Stellen und öffentlichen Bediensteten auffordern, mit nichtstaatlichen Organisationen (NGOs), anderen staatlichen Organisationen und Mitgliedern der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, um strategische Partnerschaften zur Verwirklichung des Übereinkommens aufzubauen.

Die Zivilgesellschaft spielt eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des Übereinkommens durch Bewusstseinsbildung, Forschung, Schulung, Identifizierung von Opfern des Menschenhandels, Bereitstellung von Unterkünften und anderer Hilfe sowie Unterstützung während des strafrechtlichen Verfahrens und bei der Geltendmachung von Entschädigungen. Die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Bewertung der Umsetzung des Übereinkommens ist daher von entscheidender Bedeutung.

Im Laufe jedes Länderbesuchs trifft sich GRETA auch mit Vertreter*innen der Zivilgesellschaft. So besucht GRETA beispielsweise Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel, die von NGOs betrieben werden, und führt regelmäßig Anhörungen mit NGOs durch.

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