Artikel 18
1. Wanderarbeitnehmer und ihre Familienangehörigen haben vor den Gerichten die gleichen Rechte wie die Staatsangehörigen des betreffenden Staates. Sie haben Anspruch darauf, dass über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage oder ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf dem Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird.
2. Wanderarbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, die wegen einer strafbaren Handlung angeklagt sind, haben Anspruch darauf, bis zum gesetzlichen Nachweis ihrer Schuld als unschuldig zu gelten.
3. Wanderarbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, die wegen einer strafbaren Handlung angeklagt sind, haben Anspruch auf folgende Mindestgarantien:
a) sie sind unverzüglich und im Einzelnen in einer ihnen verständlichen Sprache über die Art und den Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung in Kenntnis zu setzen;
b) sie müssen über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger ihrer Wahl verfügen;
c) es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil ergehen;
d) sie haben das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen; falls sie keinen Verteidiger haben, sind sie über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; wenn es im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist, ist ihnen ein Pflichtverteidiger zu bestellen, und zwar unentgeltlich, falls sie nicht über die Mittel zu seiner Bezahlung verfügen;
e) sie können Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen und die Ladung und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie für die Belastungszeugen erwirken;
f) sie können die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht verstehen oder nicht sprechen;
g) sie können nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeugen auszusagen oder sich schuldig zu bekennen.
4. Gegen Jugendliche ist das Verfahren in einer Weise zu führen, die ihrem Alter und ihrer erwünschten Wiedereingliederung in die Gesellschaft Rechnung trägt.
5. Wanderarbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, die wegen einer strafbaren Handlung verurteilt worden sind, haben das Recht, das Urteil entsprechend dem Gesetz durch ein höheres Gericht nachprüfen zu lassen.
6. Sind Wanderarbeitnehmer oder ihre Familienangehörigen wegen einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und ist das Urteil später aufgehoben oder der Verurteilte begnadigt worden, weil eine neue oder neu bekannt gewordene Tatsache schlüssig beweist, dass ein Fehlurteil vorlag, so sind diejenigen, die aufgrund eines solchen Urteils eine Strafe verbüßt haben, entsprechend dem Gesetz zu entschädigen, sofern nicht nachgewiesen wird, dass das nicht rechtzeitige Bekanntwerden der betreffenden Tatsache ganz oder teilweise ihnen zuzuschreiben ist.
7. Wanderarbeitnehmer und ihre Familienangehörigen dürfen wegen einer strafbaren Handlung, wegen der sie bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht des jeweiligen Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden sind, nicht erneut verfolgt oder bestraft werden.