29. Regelwerke zur unterstützten Entscheidungsfindung umfassen mehrere Unterstützungsoptionen, die dem Willen und den Präferenzen der betroffenen Person und der Achtung der Menschenrechtsnormen den Vorrang geben. Sie sollten den Schutz aller Rechte gewährleisten, einschließlich der Rechte in Bezug auf Autonomie (Recht auf Geschäftsfähigkeit, Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht, Recht der Wahl des Wohnortes und so weiter) und der Rechte in Bezug auf die Freiheit von Missbrauch und Misshandlung (Recht auf Leben, Recht auf körperliche Unversehrtheit und so weiter.). Überdies sollten Systeme zur unterstützten Entscheidungsfindung das Leben von Menschen mit Behinderungen nicht überregulieren. Gleichwohl Regelwerke zur unterstützten Entscheidungsfindung vielerlei Formen haben können, sollten sie aber, um Übereinstimmung mit Artikel 12 zu gewährleisten, bestimmte grundlegende Festlegungen wie die folgenden enthalten:
(a) Unterstützte Entscheidungsfindung muss allen offenstehen. Der Umfang des Unterstützungsbedarfs (insbesondere wenn dieser hoch ist) sollte kein Hindernis sein, Unterstützung bei der Entscheidungsfindung zu bekommen;
(b) alle Formen der Unterstützung bei der Ausübung der rechtlichen Handlungsfähigkeit (einschließlich intensiverer Formen der Unterstützung) müssen auf dem Willen und den Präferenzen der betroffenen Person beruhen und nicht auf dem, was für ihr objektives Wohl erachtet wird;
(c) der Kommunikationsmodus einer Person darf kein Hindernis sein, Unterstützung bei der Entscheidungsfindung zu bekommen, selbst wenn diese Kommunikation nicht-konventionell ist oder von nur wenigen Menschen verstanden wird;
(d) die rechtliche Anerkennung der Unterstützungsperson(en), die von der betroffenen Person offiziell ausgewählt wurde(n), muss möglich und zugänglich sein, und der Staat hat eine Verpflichtung, die Schaffung von Unterstützungsmöglichkeiten zu erleichtern, insbesondere für Menschen, die isoliert sind und möglicherweise keinen Zugang zu den in einer Gemeinschaft allgemein vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten haben. Dies muss ein Verfahren einschließen, das es Dritten ermöglicht, die Identität einer Unterstützungsperson nachzuprüfen, ebenso wie Verfahren, wodurch Dritte die Rechtshandlung einer Unterstützungsperson anfechten können, wenn sie meinen, dass die Unterstützungsperson nicht nach dem Willen und den Präferenzen des Betroffenen gehandelt hat;
(e) um die Anforderung von Artikel 12 Absatz 3 zu erfüllen, dass alle Vertragsstaaten Maßnahmen ergreifen müssen, um „Zugang“ zu der benötigten Unterstützung „zu verschaffen“, müssen die Vertragsstaaten sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen Unterstützung zu erschwinglichen Kosten beziehungsweise kostenlos zur Verfügung steht und dass fehlende finanzielle Mittel kein Hindernis für den Zugang zu Unterstützung bei der Ausübung der rechtlichen Handlungsfähigkeit darstellen;
(f) Unterstützung bei der Entscheidungsfindung darf nicht als Rechtfertigung für die Einschränkung anderer grundlegender Rechte von Menschen mit Behinderungen, insbesondere des Wahlrechts, des Rechts eine Ehe zu schließen (beziehungsweise eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen) und eine Familie zu gründen, der reproduktiven Rechte, der elterlichen Rechte, des Rechts auf Zustimmung zu intimen Beziehungen und medizinischer Behandlung sowie des Rechts auf Freiheit benutzt werden;
(g) die betroffene Person muss das Recht haben, Unterstützung abzulehnen und das Unterstützungsverhältnis jederzeit zu beenden oder zu ändern;
(h) für alle Prozesse in Verbindung mit der rechtlichen Handlungsfähigkeit und der Unterstützung bei ihrer Ausübung müssen Sicherungen geschaffen werden. Es muss Ziel dieser Sicherungen sein, zu gewährleisten, dass der Wille und die Präferenzen der betreffenden Person geachtet werden;
(i) die Bereitstellung von Unterstützung bei der Ausübung der rechtlichen Handlungsfähigkeit sollte nicht von der Beurteilung der geistigen Fähigkeit abhängen; für die Feststellung des Unterstützungsbedarfs sind neue, nichtdiskriminierende Indikatoren erforderlich.