Hass und Hetze vergiften das gesellschaftliche Miteinander. Die Frage, wie Betroffene mit dem Hass umgehen, stand im Mittelpunkt des Diskurs-Salons „Feindselige Gesellschaft?“ am 3. März im Museum für Kommunikation in Berlin.
Beleidigungen, Drohungen und tätliche Angriffe auf Menschen, die angeblich anders sind, die sich gesellschaftlich engagieren oder für eine offene Gesellschaft eintreten, haben ein demokratiegefährdendes Maß erreicht. Was tun, wenn einem der Hass offen entgegenschlägt? Wie wichtig sind Solidarität und öffentliche Unterstützung? Was tut not, damit Menschen respektvoll miteinander umgehen und Auseinandersetzungen möglich sind, ohne die Würde des anderen anzugreifen?
Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Diskurs-Salons „Feindselige Gesellschaft? Drei Geschichten über Wege aus dem Hass“ am 3. März im Museum für Kommunikation Berlin. Der Journalist und Buch-Autor Hasnain Kazim, der Schüler und Fridays for Future-Aktivist Jakob Springfeld und die Bürgermeisterin Silvia Kugelmann berichteten über ihre Erfahrungen und ihren Umgang mit Hass und Bedrohungen. Moderiert wurde das Gespräch von Alexander Moritz vom Deutschlandfunk Kultur.
Hasnain Kazim, Journalist und Buchautor:
„Rassismus und Menschenverachtung sind keine Meinung. Wer in Frage stellt, dass Menschenrechte für alle gelten, wer Tatsachen als ‚Fake News‘ diskreditiert, muss Widerstand zu spüren bekommen. Der Staat muss mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Hass und Hetze vorgehen. Wichtig ist aber auch, dass es in der Gesellschaft ein Umdenken gibt. Für das, was man sagt oder schreibt, trägt man Verantwortung. Die Messlatte ist aber nicht das Strafrecht oder ein anderes Gesetz, sondern in einem alltäglichen zivilisierten Miteinander gelten viel engere Grenzen des Sagbaren: die der Moral und des Anstands.
Für die, die diese Grenzen eines zivilisierten Umgangs überschreiten, muss das Folgen haben, juristische, politische, wirtschaftliche oder soziale. Wenn wir bei Grenzüberschreitungen zu lange wegschauen und schweigen, bis das Strafrecht greift, leben wir bald in einer Barbarei. Wer schweigt, obwohl es dringend geboten wäre, etwas zu sagen, macht sich mitschuldig.“
Hasnain Kazim wurde für seine Berichterstattung als „Politikjournalist des Jahres“ ausgezeichnet. Kazim erhält seit Jahren rassistische Beleidigungen. In seinem aktuellen Buch „Auf sie mit Gebrüll! Und mit guten Argumenten“ zeigt er auf, wie man dumpfem Hass und platten Parolen Einhalt gebieten kann.
Silvia Kugelmann, Bürgermeisterin von Kutzenhausen (Bayern):
„Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass Menschen angefeindet und bedroht werden und sich die Täter dann auf Meinungsfreiheit berufen. Wer die Würde anderer Menschen verletzt und die eigenen Bedürfnisse rücksichtslos über die anderer stellt, darf damit nicht durchkommen. Bedrückend finde ich, dass ein großer Teil der Menschen in diesem Land schweigt und Bedrohungen und Anfeindungen als normale Meinungsäußerung akzeptiert. Beleidigungen sind keine Meinung.
Es ist wichtig, dass wir dem Hass Grenzen setzen – sei es durch eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Hasskriminalität, sei es durch öffentliche Proteste oder durch eine Erziehung, die von Empathie und Respekt geprägt ist. Und es ist wichtig, dass Menschen, die angegriffen werden, nicht schweigen aus Angst oder Scham, sondern sich untereinander vernetzen und an die Öffentlichkeit gehen. Seit ich diesen Schritt gemacht habe, erhalte ich sehr viel positive Unterstützung. Dafür bin ich dankbar und das bestärkt mich.“
Silvia Kugelmann wurde – nicht zuletzt wegen ihres Engagements für geflüchtete Menschen – wiederholt bedroht. Sie beklagt die Verrohung des gesellschaftlichen Miteinanders und wünscht sich mehr Unterstützung und gesellschaftliches Engagement aus der Mitte der Gesellschaft.
Jakob Springfeld, Schüler, ist bei Fridays for Future in Zwickau aktiv:
„Dass gesellschaftliches Engagement für Demokratie, für eine weltoffene Gesellschaft und für Klimaschutz in vielen Teilen von Deutschland zu Bedrohungen und Hass führt, ist beängstigend. Wenn man zur Zielscheibe von Hass wird, ist es wichtig, dass man Solidarität erfährt und weiß, dass es Menschen gibt, die zu einem halten. Wenn ich von rechten Pöblern angespuckt oder geschubst werde, rufe ich einen Freund an und erzähle ihm, was geschehen ist. Dann können wir das zusammen verarbeiten und das hilft mir, mich weiter gegen feindselige Menschen zu behaupten.
Ich mache nicht nur negative Erfahrungen. Seitdem wir die zunehmenden Angriffe und Bedrohungen durch Rechtsextremisten auf Fridays for Future-Aktivisten in Zwickau öffentlich machen, schließen sich uns immer mehr Leute an und unterstützen uns. Diese Unterstützung durch meine Freunde, die Schule und die vielen, vielen Menschen in Zwickau, die hinter mir stehen, gibt mir Kraft, mich weiter zu engagieren.“
Jakob Springfeld beteiligte sich auch an Schüler_innenprotesten gegen die Schändung des NSU-Mahnmals in Zwickau. Nach wiederholten Angriffen durch Rechte achtet er mittlerweile darauf, dass er abends nicht allein unterwegs ist.
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