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OECD-Leitsätze 2023: Mehr Umweltschutz und Stakeholder-Beteiligung

Die Leitsätze der OECD formulieren Empfehlungen, wie Unternehmen ihrer Verantwortung gerecht werden können. © iStock/ezypix

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Im Juni 2023 hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihre Leitsätze überarbeitet. Die OECD-Leitsätze sind Handlungsempfehlungen der 38 Mitgliedsländer mit hohem Pro-Kopf-Einkommen. Sie richten sich an multinationale Unternehmen, die in einem der Mitgliedsländer tätig sind oder von dort aus agieren. Als „multinational“ gilt jedes Unternehmen, das Auslandsgeschäfte tätigt, unabhängig von der Unternehmensgröße. Als Handlungsempfehlung der Regierungen haben die OECD-Leitsätze einen freiwilligen Charakter. Sie bilden jedoch den weltweit führenden Standard für ein verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln und finden in der Unternehmenspraxis breite Anwendung.

Verantwortung von Unternehmen für Umwelt- und Lebensbedingungen 

Unternehmen haben maßgeblichen Einfluss auf Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen sowie auf Umwelt- und Lebensbedingungen von Menschen. Die Leitsätze der OECD formulieren Empfehlungen, wie Unternehmen ihrer damit einhergehenden Verantwortung gerecht werden können. Die überarbeiteten Leitsätze betonen stärker als vorher die Unternehmensverantwortung für Umwelt und Klima. Die Unternehmen spielen eine Schlüsselrolle bei der Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft und im Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels. Klima- und Umweltschutz wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden, die auch Unternehmen Pflichten auferlegt. Unternehmen sollen unter anderem sicherstellen, dass ihre CO2-Reduktionsziele wissenschaftlich fundiert sind, mit den im Pariser Abkommen vereinbarten Zielen übereinstimmen und den aktuellen Bewertungen des Weltklimarats IPCC entsprechen.

Unternehmerisches Umweltmanagement

Wie bereits in den OECD-Leitlinien von 2011 sollen Unternehmen Konzepte und Prozesse entwickeln, um sicherzustellen, dass sie keine Menschenrechte verletzen. Ihren Fokus sollen sie insbesondere auf das Identifizieren von Risiken für Menschenrechte legen.

Nach den überarbeiteten Leitsätzen sollen Unternehmen dabei stärker als bisher auch Umweltrisiken beachten und ein entsprechendes Managementsystem einrichten. Erfasst werden sollen alle Umweltauswirkungen, die im Zusammenhang mit Tätigkeiten, Produkten oder Dienstleistungen der Unternehmen stehen. Zudem sollen Unternehmen Strategien zur Beseitigung negativer Umweltauswirkungen entwickeln.

Der Ausbau der umweltbezogenen Sorgfaltspflichten ist aus umweltpolitischer und menschenrechtlicher Perspektive zu begrüßen. Denn Umweltrisiken ziehen regelmäßig menschenrechtliche Risiken nach sich, wenn beispielsweise die Lebensgrundlagen von Menschen durch Umweltverschmutzung geschädigt werden.

Mehr Stakeholder-Beteiligung

Begrüßenswert ist auch die Stärkung der Rolle von potenziell betroffenen Stakeholdern. So wird Unternehmen in den überarbeiteten Leitsätzen empfohlen, relevante Stakeholder sinnvoll in ihre Sorgfaltsprozesse einzubeziehen. Dies sei ein wesentlicher Bestandteil der Sorgfaltspflichtenprozesse und solle so ausgestaltet sein, dass die Beteiligung die Unternehmensprozesse und -entscheidungen auch tatsächlich beeinflussen kann. Unternehmen sollen dabei einen besonderen Fokus auf die Risiken für marginalisierte und gefährdete Gruppen und Personen legen.

Neu wurde in die Leitsätze das Konzept der „Freien, Vorherigen und Informierten Zustimmung“ (FPIC) aufgenommen, wonach indigene Völker bei Unternehmenstätigkeiten, die sich auf ihre Gebiete auswirken, zwingend und effektiv einbezogen werden müssen. Zudem fordern die Leitsätze Unternehmen dazu auf, Repressalien gegen Menschenrechtsverteidiger*innen zu unterlassen und zur Förderung von sicheren Räumen für diese beizutragen.

Weiterhin schwach: Abhilfe und Umsetzung durch Nationale Kontaktstellen 

Bereits in den Leitsätzen von 2011 werden die OECD-Mitgliedsländer verpflichtet, Nationale Kontaktstellen (NKS) einzurichten. Sie sollen die Umsetzung der Leitsätze fördern und als Beschwerde- und Schlichtungsstelle fungieren, wenn ein Unternehmen die OECD-Leitsätze nicht einhält. Im Vergleich zu 2011 sind die Wirksamkeitskriterien für eine gute NKS zwar geschärft worden, doch werden sie weiterhin nicht dazu aufgefordert festzustellen, ob ein Unternehmen gegen die OECD-Leitsätze verstoßen hat. Sie können auch keine Empfehlungen aussprechen, ein Unternehmen im Fall einer Verletzung der OECD-Leitsätze zu sanktionieren.

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