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Menschenrechtliche Risiken in der Lieferkette verstehen: Wer hat die wichtigen Informationen?

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· Meldung

Unternehmerische Sorgfaltspflichten werden in Europa kontinuierlich verpflichtend reguliert. Nachdem das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz am 01.01.2023 in Kraft trat, einigte sich das Europäische Parlament heute auf eine gemeinsame Position für sein europäisches Pendant – die „Corporate Sustainable Due Diligence Directive“ – und gibt somit den Startschuss für den Trilog.

Vor diesem Hintergrund stellen sich wichtige Umsetzungsfragen, von denen das Institut einige mit Blick auf den Prozessschritt der Risikoanalyse in dieser Veröffentlichung reflektiert.

Barrieren am Markt der Informationen

Wir diskutieren, welche Informationen seitens der Unternehmen gesucht und welche gefunden werden, wie nützlich diese sind und wie sehr der „Markt der Informationen“ vom Machtungleichgewicht zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden geprägt ist. Wir zeigen auf, welche systemischen Barrieren für den ungleichen Zugang zum „Markt der Informationen“ verantwortlich sind und wie diese überwunden werden können, um die Expertise und das Kontextverständnis, die im Globalen Süden vorhanden sind, aber im Globalen Norden fehlen, in Risikoanalysen einspeisen zu können.

Wirksame Konsultation Betroffener im Interesse der Unternehmen

Dazu ist vor allem eine verstetigte, gut funktionierende direkte Kommunikation mit betroffenen Rechteinhaber*innen und Expert*innen in der tieferen Lieferkette beziehungsweise aus dem Globalen Süden notwendig.

Unternehmen könnten davon in vielerlei Hinsicht profitieren. Zum einen ließen sich so Zusammenhänge und Ursachen von Risiken besser nachvollziehen. Zum anderen könnten diese zusätzlichen Informationsquellen helfen,  Auswege aus Sackgassen zu finden, wenn zum Beispiel Unternehmen in der Lieferkette ihr Wissen untereinander nicht weitergeben wollen. Auch könnte durch den direkten Informationsaustausch mit betroffenen Rechteinhaber*innen eine Priorisierung menschenrechtlicher Risiken auf Grundlage der tatsächlich in der eigenen Lieferkette identifizierten Missstände erfolgen statt auf der Grundlage allgemeiner, die Region und Rohstoffe betreffender Informationen. Die Wirksamkeit der aus einer solchen Risikoanalyse abgeleiteten Maßnahmen wird in der Regel deutlich höher sein.

In den Perspektivwechsel investieren

In Ländern des Globalen Südens haben Personen mit diesem spezifischen Wissen jedoch häufig nicht die Ressourcen, um ihre Erfahrung und Expertise regelmäßig in Informationsbeschaffungsprozesse und Risikoanalysen der Unternehmen einzuspeisen. Sie bestreiten ihren Lebensunterhalt, leisten Sorgearbeit oder tun beides. Um sie zu ermächtigen und Risikoanalysen um Erkenntnisse aus ihrem Wissen zu bereichern, können und sollten Unternehmen ihnen zum Beispiel Aufwandsentschädigungen zahlen, Lohnausfälle ausgleichen oder anfallende Transportkosten erstatten. Dies gilt auch für Beschäftigte: Wenn Arbeitnehmer*innen beispielsweise in Betriebsräten oder anderen Arbeitnehmer*innen-Vertretungen oder Beschwerdemechanismen mitwirken, sollte ihr Engagement weder zu Lohneinbußen noch zu Repressalien führen.

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