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Europäisches Asylsystem darf nicht auf einem System geschlossener Aufnahmezentren an den Außengrenzen aufbauen

© Hieronymus Ukkel/pixelio.de

· Pressemitteilung

Berlin. Anlässlich der Vorstellung des neuen Asyl- und Migrationspakts durch die Europäische Kommission am 23. September erklärt das Deutsche Institut für Menschenrechte:

„Die EU bekennt sich dazu, eine Gemeinschaft zu sein, die auf der Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde beruht. Die Menschenrechte und die Menschenwürde von Schutzsuchenden sind deshalb unverhandelbar. Ein System, das vorrangig auf Abschreckung setzt, ist hiermit nicht vereinbar. Die menschenwürdige Aufnahme und Versorgung von Schutzsuchenden in Europa sowie der Zugang zu fairen Asylverfahren muss das Fundament eines europäisches Asylsystem sein.

Der zukünftige Umgang mit schutzsuchenden Menschen, insbesondere an den europäischen Außengrenzen, wird zeigen, inwieweit die EU und ihre Mitgliedsstaaten den Flüchtlings- und Menschenrechtsschutz ins Zentrum ihrer geplanten Reform stellen.

Menschen, die – oft nach furchtbaren Erlebnissen und langen Fluchtgeschichten – die EU-Staaten an den Außengrenzen erreichen, brauchen zuallererst eine menschenwürdige Aufnahme. Die Unterbringung während des Asylverfahrens darf nicht faktisch einer Inhaftierung gleichkommen. Besonders Schutzbedürftige, etwa Folteropfer, sind zu identifizieren und besonders zu versorgen. Alle Ankommenden müssen verstehen, was mit ihnen geschieht, was ihre Rechte und wie ihre Perspektiven sind. Sie brauchen deshalb unabhängige Beratung für die Asylverfahren. Eine umfassende Prüfung des Einzelfalls ist das Kernstück jedes Asylverfahrens. Das gilt auch und gerade für Menschen aus sogenannten sicheren Drittstaaten oder sicheren Herkunftsstaaten.

In jüngster Zeit wird verstärkt die Errichtung geschlossener Aufnahmezentren an den Außengrenzen als Kernstück einer europäischen Lösung präsentiert. Menschen, die dort festgehalten werden, sollen – so die Vorschläge – innerhalb der EU weiterverteilt werden, wenn eine Vorprüfung der Erfolgsaussichten ihres Schutzgesuchs oder ihr Asylverfahren positiv abgeschlossen wurde.  Menschen, bei denen diese Prüfung negativ endet, sollen in den Lagern bis zu ihrer Abschiebung bleiben. Solche Lösungen drohen die Zustände wie sie in Moria herrschten, zu verfestigen und zu institutionalisieren.

Es ist schon jetzt absehbar, dass auch diese Zentren schnell an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen werden, insbesondere, wenn nur Menschen mit einer positiven Asylentscheidung weiterverteilt werden. Die Organisation von Rückführungen ist häufig langwierig, vielfach aus Gründen, die die Betroffenen nicht selbst zu verantworten haben. Als Folge würden wie bislang Menschen auf unabsehbare Zeit, ohne Perspektiven und zur Untätigkeit verdammt in den Zentren ausharren müssen.

Freiheitsentzug stellt einen schweren Eingriff in die Menschenrechte dar. Das EU-Recht und Menschenrechtsgremien wie der UN-Menschenrechtsausschuss sehen Haft nur als letztes Mittel und unter engen Voraussetzungen als zulässig an. Sie verlangen für die Inhaftierung im Asyl- und Abschiebungsverfahren eine Einzelfallprüfung und das Vorliegen von Haftgründen. Haft darf nicht zur Regel werden.

Die Erfahrungen der letzten Jahre mit den griechischen Hotspots und insbesondere die verheerende Brandkatastrophe im Flüchtlingslager Moria haben verdeutlicht, dass derartige Massenlager keine Lösung für ein zukünftiges europäisches Asylsystem sein können. Der angekündigte Bau eines geschlossenen Asylzentrums auf Lesbos als Ersatz für das zerstörte Lager Moria geht daher in die falsche Richtung und kann keine Blaupause für eine europäisches Asylrecht sein.

Neu ankommende Schutzsuchende sollten vielmehr noch vor der Asylprüfung möglichst schnell von den Außengrenzen aus innerhalb der EU verteilt werden. Hierfür braucht es europäische Solidarität und finanzielle Unterstützung für diejenigen Staaten, die die gemeinsame menschenrechtliche Verantwortung der EU erfüllen.“

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