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„So viel Normalität wie möglich für die Kinder Inhaftierter schaffen“

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Nachbericht zur Lesung von „Im Gefängnis: Ein Kinderbuch über das Leben hinter Gittern“

Rückblick: Thomas Engelhardt las am 28. März 2019 aus dem Buch „Im Gefängnis: Ein Kinderbuch über das Leben hinter Gittern“ – eine gemeinsame Veranstaltung der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention und der Bibliothek des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

Ausgangspunkt: Das Recht von Kindern auf Umgang mit ihren Eltern

In Deutschland gibt es nach Schätzungen 100 000 Kinder, die von der Inhaftierung eines Elternteils betroffen sind. Die Lebenssituation dieser Kinder und Jugendlichen findet weitgehend zu wenig Aufmerksamkeit, was dazu führt, dass sie und ihre Bedürfnisse und Herausforderungen, denen sie ausgesetzt sind, zu wenig Unterstützung finden.

Die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention setzt sich dafür ein, die Rechte und Bedürfnisse von Kindern von inhaftierten Eltern sichtbar zu machen. Vor allem ist hier das Recht des Kindes auf weiteren Umgang mit den Eltern während der Inhaftierung von Bedeutung sowie eine Ausgestaltung der Kontaktmöglichkeiten in einer kindgerechten Art und Weise. Diese Perspektive greifen Thomas Engelhardt und Monika Osberghaus in ihrem Buch „Im Gefängni“ auf.

Das Buch erzählt von der 8-jährigen Sina, deren Vater wegen eines Tankstellenüberfalls aufgrund seiner Spielsucht zu drei Jahren Haft verurteilt wird. Das Buch erzählt von der Zeit der Inhaftierung, vom Leben im Gefängnis und beleuchtet insbesondere die Situation der Familie einer inhaftierten Person.

Eine längst überfällige Idee

Thomas Engelhardt antwortet auf die Frage, wie die Autor_innen dazu kamen, ein solches Buch zu schreiben, dass die Anregung von einer Gefängnispsychologin stammte, der auffiel, dass es kein Buch zum Thema gab, das man in einem Buchladen kaufen konnte. Sie kam auf die Autor_innen zu und diese waren sofort von der Idee begeistert. „Wir wollten kein reines Sachbuch machen“, erläuterte Engelhardt, „aber auch kein reines erzählendes literarisches Buch, sondern wir wollten es verbinden, um einerseits das Emotionale reinzubringen, aber auch die Fakten und die Informationen“.

Denn diese Zeit ist mit vielen Emotionen verbunden. Die Kinder und Familie einer inhaftierten Person müssen mit Stigmatisierungen umgehen und mit den Schwierigkeiten, die durch die Haft entstehen können. In dem Buch muss Sinas Mutter länger arbeiten und Sina ist sich unsicher, ob sie von der Inhaftierung ihres Vaters in der Schule erzählen soll. Thomas Engelhardt berichtete davon, wie viele Betroffene Angst haben, über ihre Situation zu reden, obwohl sie ein großes Bedürfnis danach haben. Sie wünschten sich, offen darüber reden zu können und verständnisvolle Reaktionen von Menschen in ihrem Umfeld, so der Autor.

Der Ort, den man nicht kennt

Auf die Frage, wie man sich auf das Schreiben eines solchen Buches vorbereit, erzählte Thomas Engelhardt über die anderthalbjährige Recherche für das Buch. Die Autor_innen seien in verschiedenen Justizvollzugsanstalten (JVAs) gewesen und haben sich mit den Menschen dort unterhalten und es wurde ihnen auch ermöglicht, sich mit Familien von Inhaftierten zu treffen. „Für uns war es auch eine ganz große neue Welt“, erklärte Engelhardt.

Einige Erfahrung haben die Autor_innen überrascht. Sie erlebten große Unterschiede zwischen den verschiedenen JVAs und Bundesländern. In manchen konnten sie von den Inhaftierten gemalte Ölbilder ihrer Familien und Kindern bewundern, in anderen wurden Familientage veranstaltet, doch in manchen gab es für Familien nur die Möglichkeit von einem Besuch mit der Trennung durch eine Glasscheibe. Es sei dringend notwendig, einen Mindeststandard für den Besuch von Kindern, Jugendlichen und Familien zu gewährleisten. „Man müsste versuchen, so viel Normalität wie möglich für die Kinder zu schaffen“, so Thomas Engelhardt. Dies einerseits, um den Rechten der jungen Menschen gerecht zu werden, anderseits weil ein möglichst enger Kontakt mit der eigenen Familie das Leben nach der Inhaftierung für alle Beteiligten erleichtere.

Das Buch soll als Unterstützung für betroffene Kinder und Familien dienen und darüber hinaus dazu beitragen, dass die belastende Situation dieser Kinder und Jugendlichen sichtbarer gemacht wird.

Die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention hatte im Vorfeld der Lesung Workshops mit Schüler_innen der sechsten Klasse einer Schule in Friedrichshain durchgeführt. Von den Schüler_innen angefertigte Modelle für kindgerechte Besuchsräume in JVAs sowie Postkarten an die Protagonistin des Buches wurden im Rahmen der Lesung präsentiert. Die Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention dankt den Schüler_innen für ihr Mitwirken.

(M. Greenwell)

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