CRPD, Mitteilung Nr. 31/2015 (DL vs. Sweden)
CRPD, Auffassungen vom 22.05.2017, D. L. (vertreten durch G. L.) gegen Schweden
1. Sachverhalt (Rz. 2.1-2.8)
D. L., geboren 1995, erhielt die Diagnose „Autismus mit einer moderaten Entwicklungsstörung“. Er war Schüler an der Högsbodal-Oberschule für Kinder mit besonderen Bedürfnissen in Göteborg (Schweden). Während des Unterrichts nutzte D. L. die Methode der „gestützten Kommunikation“, um mit Mitarbeiter*innen und anderen Schüler*innen zu interagieren. Am 19.12.2014 forderte die schwedische Schulaufsichtsbehörde die Stadtverwaltung von Göteborg auf, dafür zu sorgen, dass in keiner der kommunalen Einrichtungen die „gestützte Kommunikation“ verwendet werde. Die Stadt hat diese Entscheidung umgesetzt.
D. L. wandte sich mit seiner Beschwerde vor dem UN-Fachausschuss gegen dieses Verbot. Er trug vor, dass durch das Verbot, „gestützte Kommunikation“ zu verwenden, seine Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme an Unterrichtsstunden unmittelbar verringert worden sei. Der Bildungsstandard sei dadurch gesenkt worden und er könne nicht beweisen, dass er die im Lehrplan festgelegten Ziele erreicht habe. Das Verbot der Nutzung von gestützter Kommunikation stelle ein Hindernis für seine akademische Entwicklung dar.
Zum Zeitpunkt des Übertritts an die Högsbodal-Oberschule im Jahr 2012 nutzte D. L. verschiedene Arten von Bildunterstützungstechniken, um sich auszudrücken. Bevor er die „gestützte Kommunikation“ nutzte, litt er unter Wutausbrüchen, die mit Valium behandelt werden mussten. Die „gestützte Kommunikation“ habe ihm ein zusätzliches Werkzeug zur Verfügung gestellt, um seinen Kommunikationsfluss zu erhöhen und ihm zu ermöglichen, seine Gedanken und Interessen auf einer tieferen Ebene auszudrücken. Die restriktivere Kommunikationsmethode des Zeigens auf Bilder hingegen verhindere seine schulische Entwicklung und eine effektive Interaktion mit anderen.
D. L. gab zur Kenntnis, das Verbot sei damit begründet worden, dass die Schulaufsichtsbehörde ihn habe schützen wollen und zu seinem Wohl gehandelt habe. Diese Begründung widerspreche jedoch seiner Ansicht nach dem Geiste der UN-Behindertenrechtskonvention. In der Allgemeinen Bemerkung Nr. 1 (2014) zur gleichberechtigten Anerkennung vor dem Gesetz habe der UN-Fachausschuss ausgeführt, dass der Grundsatz des „Wohles“ in Bezug auf Erwachsene nicht mit Artikel 12 UN-BRK im Einklang stehe. Das Paradigma „Wille und Präferenzen“ müsse an die Stelle des Paradigmas „Wohl“ treten, damit sichergestellt sei, dass Menschen mit Behinderungen in den gleichberechtigten Genuss des Rechts auf rechtliche Handlungsfähigkeit kämen (Rz. 21). D. L. trug vor, dass er seinen Willen und seine Präferenz für die Nutzung der „gestützten Kommunikation“ deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Er vermute jedoch, dass sein Standpunkt nicht berücksichtigt werde, da er durch „gestützte Kommunikation“ ausgedrückt wurde. Er sei der Ansicht, dass die Ablehnung seiner Willenserklärung ihn daran hindere, eine Entscheidung für sich selbst zu treffen.
Weiterhin brachte D. L. vor, dass sein Wohlbefinden durch das Verbot „gestützte Kommunikation“ zu nutzen beeinträchtigt werde. Er leide unter Wutausbrüchen, die seine Gesundheit und die anderer gefährde. Bei diesen Ausbrüchen sei körperliche Gewalt durch zwei bis drei Mitarbeiter*innen notwendig, um ernsthaften Schaden zu vermeiden. Außerdem werde er mit Valium, einem starken Narkotikum, behandelt. Die Entscheidung der Schulaufsicht und die Umsetzung dieser Entscheidung durch die Gemeinde hätten zu einer ernsthaften Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und zu einer erhöhten Verabreichung eines Arzneimittels geführt, das starke und potenziell suchterzeugende Substanzen enthalte.
D. L. klagte vor dem Verwaltungsgericht in Stockholm gegen die Entscheidung der Schulaufsicht, die Nutzung der „gestützten Kommunikation“ zu verbieten. Am 21.01.2015 entschied das Gericht, dass die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde gemäß Kapitel 28 Abschnitt 18 des Schulgesetzes nicht anfechtbar sei. Auch aus Art. 6 Abs. 1 EMRK folge keine Möglichkeit zur gerichtlichen Anfechtbarkeit der Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Berufung wurde am 13.02.2015 zurückgewiesen.
2. Verfahren vor dem UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD)
D. L. reichte vor dem UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) eine Beschwerde unter Berufung auf Artikel 24 BRK allein und in Verbindung mit den Artikeln 2, 3, 4, 9, 12 und 21 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) ein. Diese Vorschriften der BRK seien verletzt, da er ohne die „gestützte Kommunikation“ nicht von dem Bildungsangebot profitieren könne und zudem gehindert werde, die Bildungsziele zu erreichen.
Im Hinblick auf Artikel 24 BRK in Verbindung mit Artikel 12 BRK trug D. L. vor, dass ihm das Recht verweigert worden sei, individuell über seine Art der Kommunikation zu entscheiden. Die Schulaufsicht und die Gemeinde seien davon ausgegangen, dass er sich für eine spezifische Lehrmethode entschieden habe, obwohl er tatsächlich ein Kommunikationsmittel gewählt habe. Die Einordnung der „gestützten Kommunikation“ in die Kategorie „Lehrmethode“ habe dazu geführt, dass sie auch die entsprechenden Anforderungen erfüllen müsse, gemäß dem schwedischen Recht also „auf einer wissenschaftlichen Grundlage und nachgewiesenen Erfahrungen beruhen“ müsse. Da die Schulaufsichtsbehörde und die Gemeinde der Auffassung waren, dass die „gestützte Kommunikation“ diese Anforderungen nicht erfülle, hätten sie D. L. die Möglichkeit verweigert, seinen bevorzugten Kommunikationsweg zu wählen. D. L. ist der Meinung, dass die „gestützte Kommunikation“ als ergänzendes Kommunikationsmittel anzuerkennen sei. Ihre fehlerhafte Einstufung als Lehrmethode schränke die Kommunikationswahl von Menschen mit Behinderungen ein, was zu einer behinderungsbasierten Diskriminierung führe.
In Bezug auf die Verletzung von Artikel 24 in Verbindung mit den Artikeln 2, 9 und 21 UN-BRK betonte D. L., dass die Vertragsstaaten gemäß Artikel 24 Absatz 3 BRK verpflichtet seien, Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen, lebenspraktische Fertigkeiten und soziale Kompetenzen zu erwerben. Dies schließe die Verpflichtung der Vertragsstaaten mit ein, angemessene Vorkehrungen zu treffen, um das Erlernen der Blindenschrift, alternativer Schriftarten, sowie ergänzender und alternativer Formen, Mittel und Formate der Kommunikation zu erleichtern. Die Verpflichtung, verschiedene Formen der Kommunikation zu ermöglichen, spiele auch in Artikel 9 BRK eine zentrale Rolle und das Wahlrecht in Bezug auf Kommunikationsformen werde ausdrücklich in Artikel 21 BRK anerkannt. D. L. machte geltend, dass dieses Wahlrecht auch für die Kommunikationsmethode im Bereich Bildung gelten müsse und verwies darauf, dass die Definition der Kommunikation nach Artikel 2 BRK einen inklusiven Ansatz vertrete.
D. L. meinte, dass der Vertragsstaat keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen habe, um angemessene Vorkehrungen in Bezug auf seine gewählte Kommunikationsmethode bereitzustellen. Hierin liege eine Verletzung von Art. 5 Abs. 3 UN-BRK. Er war der Ansicht, dass die Nutzung der von ihm gewählten Kommunikationsmethode in der von ihm besuchten Schule für den Vertragsstaat keine unverhältnismäßige oder unangemessene Belastung dargestellt habe, da er vor der Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde vom 19.12.2014 mit den Mitarbeiter*innen der Schule über die „gestützte Kommunikation“ kommuniziert habe. Für die von ihm gewählte Kommunikationsmethode seien daher keine zusätzlichen Mittel erforderlich. Auch verletze die Anforderung an die Kommunikationsmethoden, wissenschaftlichen Kriterien zu entsprechen, seine Rechte nach Artikel 5 Absatz 2 UN-BRK. Da die Kommunikationspräferenzen von Menschen ohne Behinderungen nicht anhand des Kriteriums einer wissenschaftlichen Fundierung ihrer jeweiligen Kommunikationsmethode beurteilt und validiert würden, behindere die fehlerhafte Kategorisierung der „gestützten Kommunikation“ als Lehrmethode die Kommunikationswahl von Personen mit Behinderungen und sei daher diskriminierend.
Im Hinblick auf Artikel 25 UN-BRK brachte D. L. vor, dass die eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten Wutausbrüche zur Folge hätten, die seine Gesundheit und die Gesundheit anderer in Gefahr brächten und ihn verstärkt der Einnahme eines Medikaments aussetzten, das starke und potenziell suchterzeugende Substanzen enthalte.
D. L. ersuchte den Ausschuss, dafür zu sorgen, dass der Vertragsstaat ihm die Möglichkeit gebe, durch „gestützte Kommunikation“ an der Högsbodal-Oberschule für Kinder mit besonderen Bedürfnissen zu kommunizieren.
Die schwedische Regierung, an die die Beschwerde gerichtet war, wies diese als unzulässig zurück.
Die Beschwerde sei nach Artikel 2 Buchstabe d des Fakultativprotokolls und nach Artikel 68 der Geschäftsordnung des Ausschusses bereits unzulässig, weil die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht ausgeschöpft worden seien.
Die Regierung machte geltend, dass D. L. gemäß Abschnitt 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz einen Rechtsbehelf beim Obersten Verwaltungsgericht hätte einlegen können. Dies sei auch aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung hervorgegangen, die eine Rechtsmittelbelehrung enthalten habe. Die Regierung wies darauf hin, dass ein erfolgreiches Rechtsmittel vor dem Obersten Verwaltungsgericht zu der Feststellung hätte führen können, dass D. L. berechtigt sei, gegen die Entscheidung der Schulaufsicht vorzugehen und infolgedessen letztlich auch zur Untersuchung der Frage, ob die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde zurückgenommen werden sollte. Die Regierung merkte an, dass nichts darauf hingedeutet habe, dass ein Rechtsmittel vor dem Obersten Verwaltungsgericht das Verfahren unzumutbar verlängert hätte oder keine wirksame Abhilfe hätte erwarten lassen.
D. L. erwiderte, dass es nicht erforderlich sei, ein Rechtsmittel beim Obersten Verwaltungsgericht einzulegen, um die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nach Artikel 2 Buchstabe d des Fakultativprotokolls auszuschöpfen. Eine Berufung an das Oberste Verwaltungsgericht hätte das Verfahren unzumutbar verlängert und eine wirksame Abhilfe sei „sehr unwahrscheinlich“ gewesen. D. L. merkte an, dass es nahezu sicher sei, dass ein Rechtsmittel vor dem Obersten Verwaltungsgericht erfolglos gewesen wäre, während seine Gesundheit durch die Verweigerung seiner Rechte aus dem Übereinkommen weiter beeinträchtigt worden wäre. Er wies darauf hin, dass nach Abschnitt 36 des Verwaltungsgerichtverfahrensgesetzes nur zwei Kategorien von Fällen zulässig seien, für die das Oberste Verwaltungsgericht eine Berufung hätte zulassen können, nämlich wenn es für die Leitlinien der Anwendung eines Gesetzes wichtig sei, dass die Berufung vom Obersten Verwaltungsgericht geprüft werde oder wenn außergewöhnliche Gründe vorlägen oder wenn das Ergebnis eines Verfahrens offenkundig auf einem groben Versehen oder Fehler beruhe. D. L. meinte, dass das Oberste Verwaltungsgericht dies nur selten annehme. Er verwies auf die offizielle Internetseite des Obersten Verwaltungsgerichtshofs, wo angegeben sei, dass das Gericht jährlich etwa 8.000 Anträge auf Berufung erhalte, aber nur zwei Prozent davon bewilligt würden. D. L. stellte auch fest, dass auf der Internetseite angegeben werde, dass in der Praxis in den meisten Fällen die Verwaltungsgerichte die letzte Instanz seien.
D. L. verwies des Weiteren auf die Rechtsprechung des Ausschusses und argumentierte, dass die Überprüfung durch das schwedische Oberste Verwaltungsgericht auf einen sehr engen Anwendungsbereich beschränkt sei, analog zu den vier Ausnahmefällen, für die der italienische Kassationshof die gerichtliche Zuständigkeit in der Rechtssache „A. F. gegen Italien“ aufgestellt hatte. D. L. machte geltend, dass sein Fall keiner der beiden Kategorien zuzuordnen sei, für die der Oberste Verwaltungsgerichtshof eine Rechtsmittelmöglichkeit gewähren könne und dass er folglich diese hypothetische Möglichkeit nicht habe nutzen müssen, um die innerstaatlichen Rechtsbehelfe auszuschöpfen.
D. L. machte außerdem geltend, dass ein Rechtsmittel, das keine vernünftigen Erfolgsaussichten biete, das schwere Leid, das ihm die diskriminierende Verweigerung der „gestützten Kommunikation“ bereits bereitet habe, lediglich verlängern würde. Er merkt an, dass dieses Leiden Konsequenzen für seine psychologische und körperliche Unversehrtheit habe, da die Verweigerung der „gestützten Kommunikation“ dazu führe, dass er als selbst- und fremdgefährdend angesehen werde, sofern er nicht stark medikamentös behandelt werde.
Daraufhin ergänzte die schwedische Regierung ihre Ausführungen zur Unzulässigkeit der Beschwerde. Sie wies darauf hin, dass D. L. nicht bestritten habe, kein Rechtsmittel eingelegt zu haben und dass nach schwedischem Recht die Möglichkeit bestehe, gegen die Zurückweisung eines Antrags beim Obersten Verwaltungsgericht ein Rechtsmittel einzulegen.
Die schwedische Regierung bestritt die Behauptung des Beschwerdeführers, dass ein Rechtsmittel an das Oberste Verwaltungsgericht das Verfahren unzumutbar verlängert und keine wirksame Abhilfe gebracht hätte. Die vorliegende Beschwerde unterscheide sich von der Beschwerde „A. F. gegen Italien“, da in jenem Fall offensichtlich gewesen sei, dass der italienische Kassationshof den Fall nur in formalen Angelegenheiten oder Rechtsfehlern prüfen könne und eine Überprüfung der Begründetheit daher ausgeschlossen gewesen sei. Das geltende schwedische Recht erlaube jedoch unter bestimmten Bedingungen eine Überprüfung der Begründetheit.
3. Entscheidung des UN-Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CPRD)
Der Fachausschuss erklärte die Beschwerde für unzulässig im Sinne des Artikels 2 Buchstabe d des Fakultativprotokolls.
3.1 Zulässigkeit (Rz. 7.1-7.5)
Der Ausschuss stellte zunächst gemäß Artikel 2 Buchstabe c des Fakultativprotokolls fest, dass dieselbe Frage nicht bereits vom Ausschuss geprüft wurde oder im Rahmen eines anderen internationalen Ermittlungs- oder Vergleichsverfahrens geprüft wurde oder wird.
Der Ausschuss nahm die Aussage des Vertragsstaates zur Kenntnis, dass die Beschwerde gemäß Artikel 2 Buchstabe d des Fakultativprotokolls für unzulässig erklärt werden sollte, da D. L. kein Rechtsmittel beim Obersten Verwaltungsgericht eingelegt habe. Der Ausschuss nahm auch das Argument von D. L. zur Kenntnis, dass eine Beschwerde an das Oberste Verwaltungsgericht wahrscheinlich nicht zu einer wirksamen Abhilfe geführt hätte. Der Ausschuss wies darauf hin, dass die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht ausgeschöpft werden müssen, wenn sie objektiv keine Aussicht auf Erfolg haben. Bloße Zweifel an der Wirksamkeit von Rechtsbehelfen befreiten jedoch nicht von der Pflicht, den jeweiligen Rechtsbehelf zu erheben. Der Ausschuss nahm ebenfalls das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Kenntnis, dass das Oberste Verwaltungsgericht nur in zwei Prozent aller ihm vorgelegten Fälle und nur in Ausnahmefällen eine Berufung zulasse. Auch stellte er fest, dass D. L. der Ansicht war, dass sein Fall nicht in eine der beiden Kategorien falle, für die der Oberste Verwaltungsgerichtshof eine Berufungsmöglichkeit zulassen könne. Der Ausschuss stellte ferner fest, dass obwohl der Oberste Verwaltungsgerichtshof nur in zwei Prozent aller ihm vorgelegten Fälle ein Rechtsmittel zulässt, kein Bestandteil der vorliegenden Akten dem Ausschuss den Schluss erlaubt hätte, dass dieser Fall nicht in eine der beiden genannten Kategorien gefallen wäre. Unter diesen Umständen könne der Ausschuss nicht feststellen, ob es keine objektive Aussicht auf Erfolg gegeben hätte.
Der Ausschuss nahm die Behauptung des Beschwerdeführers zur Kenntnis, dass die Anwendung des verfügbaren innerstaatlichen Rechtsmittels das Verfahren unangemessen verlängert hätte. Er wies darauf hin, dass die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde am 19.12.2014 getroffen wurde und dass seine Klage gegen diese Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht in Stockholm am 21.01.2015 zurückgewiesen wurde. Der hiergegen gerichtete Rechtsmittelantrag wurde am 13.02.2015 zurückgewiesen. Zwischen der Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde und der Zurückweisung des Rechtsmittelantrags lägen somit weniger als zwei Monate. Dies sei keine unangemessen lange Verzögerung. Ein weiteres Argument, wieso das Rechtsmittel beim Obersten Verwaltungsgericht für eine unangemessene Verzögerung des Verfahrens hätte führen können, habe D. L. nicht vorgetragen. In Anbetracht dessen war der Ausschuss der Auffassung, dass der Vorwurf eines unangemessen langen Verfahrens nicht ausreichend begründet wurde.
Der Ausschuss entschied daher, dass die in den Akten verfügbaren Informationen nicht den Schluss zuließen, dass die Erhebung eines Rechtsmittels beim Obersten Verwaltungsgericht das Verfahren unangemessen verlängert hätte oder nicht geeignet gewesen wäre, Abhilfe zu schaffen. Da die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht ausgeschöpft worden seien, sei die Beschwerde daher gemäß Artikel 2 Buchstabe d des Fakultativprotokolls unzulässig.
4. Bedeutung für die Rechtspraxis
Im vorliegenden Fall setzt sich der UN-CRPD vertieft mit der Frage nach der Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe auseinander. Die Entscheidung macht deutlich, dass das Merkmal der Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe eng ausgelegt wird. Auch wenn ein Rechtsbehelf im innerstaatlichen Recht kaum oder nur sehr geringe Erfolgsaussichten bietet, so ist er dennoch zu erheben, bevor man sich an den UN-Ausschuss wenden kann.
5. Entscheidung im Volltext
CRPD_22.05.2017_D.L._v._Sweden_ENG (PDF, 281 KB, nicht barrierefrei)