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Große Schutzlücken bei der Abschiebung erkrankter Menschen

© iStock.com/U. J. Alexander

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Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, dürfen nicht abgeschoben werden, wenn sich ihr Gesundheitszustand durch die Abschiebung gravierend zu verschlechtern droht oder gar ihr Leben gefährdet ist. Dies verbieten die Grund- und Menschenrechte und das völkerrechtliche Verbot der Zurückweisung.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat bereits in seinem letztjährigen Bericht über die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland das Spannungsfeld Abschiebung und Krankheit in den Blick genommen. Jetzt liegt eine aktualisierte Fassung dieser Studie vor.

Aus rechtlicher Sicht wird darin analysiert, welche Anforderungen sich aus den Grund- und Menschenrechten für die Abschiebung kranker Menschen ergeben. Der empirische Teil untersucht, ob und wie diese Anforderungen in der Praxis erfüllt werden. Dafür hat das Institut Interviews mit Vertreter_innen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) der Bundespolizei sowie der Landespolizeien, der Ärzteschaft, der Anwaltschaft, von psychosozialen Beratungsstellen und der Abschiebebeobachtung geführt. Außerdem wurden Daten bei den zuständigen Behörden der Bundesländer abgefragt und öffentlich verfügbare Statistiken ausgewertet.

Unzumutbare Nachweispflichten

Die Untersuchung des Instituts zeigt: Betroffene, die den Behörden nachweisen müssen, dass bei ihnen ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vorliegt, scheitern in der Praxis an einer Reihe von rechtlichen, bürokratischen, sprachlichen und finanziellen Hürden.

Für Asylsuchende und ausreisepflichtige Menschen, die erkrankt sind, ist es schwer, die gesetzlichen Vorgaben für einen solchen Nachweis zu erfüllen. Die zuständigen Behörden berufen sich regelmäßig auf diese Nachweispflichten und lassen oft Anhaltspunkte für eine relevante Erkrankung außer Acht oder prüfen nicht sorgfältig, ob im Herkunftsland die notwendige medizinische Versorgung möglich ist. Das führt teilweise dazu, dass Menschen abgeschoben werden, die aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht hätten abgeschoben werden dürfen.

Große Unterschiede bei der behördlichen Prüfung der sogenannten Reisefähigkeit

Die Ausländerbehörde ist grund- und menschenrechtlich dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass direkt vor, während und nach der Abschiebung keine Lebensgefahr für die Betroffenen droht und sich ihr Gesundheitszustand nicht gravierend verschlechtert. Aus den Interviews mit Ärzt_innen und der Abschiebebeobachtung wird deutlich: In der Praxis gibt es große Unterschiede bei der Prüfung der Reisefähigkeit. Ob beispielsweise überhaupt eigene ärztliche Untersuchungen durch die Behörde in Auftrag gegeben werden oder wer und in welchem Umfang prüft, wird unterschiedlich gehandhabt. Auch die konkrete Ausgestaltung der Abschiebung divergiert je nach Bundesland oder Ausländerbehörde. Fehlende Sprachmittlung, unzureichende ärztliche/psychologische Begleitung und ein erschwerter Zugang zu Anwält_innen führen dazu, dass während der Abschiebung nicht überall die Rechte der Betroffenen gewahrt werden

Abschiebungen aus der stationären Behandlung sind stets unverhältnismäßig

Immer wieder kommt es zu Abschiebungen direkt aus der stationären Behandlung im Krankenhaus oder der Psychiatrie. Sie sind stets ein schwerer Eingriff in die Rechte der Betroffenen, da notwendige Behandlungen abgebrochen werden und damit in Kauf genommen wird, dass sich der Gesundheitszustand der Betroffenen gravierend verschlechtert. Das Institut empfiehlt dringend, von Abschiebungen aus Kliniken insgesamt abzusehen.

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